Alles endet im Licht
von Hans Dienstknecht
ISBN 3-00-002287-2 

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12. Wer Dummheit sät, wird Sünder ernten

 

Am nächsten Abend kam Peter zu mir nach Hause. Ich hatte ihn gebeten, bei mir vorbeizuschauen, und er war nur zu gerne dieser Bitte nachgekommen. Er wußte bisher als einziger von meinem Licht; er hatte daher gewissermaßen einen Anspruch darauf zu erfahren, wie es mir ging. Die wenigen Stunden, die wir im Geschäft gemeinsam verbrachten, gehörten unserer Arbeit. Außerdem hatten wir dort ohnehin so gut wie keine Möglichkeit, über meine Erlebnisse zu sprechen.

Über seine durchaus verständliche Wißbegierde hinaus verspürte ich bei ihm, daß er mit mir die Freude teilte, die mir widerfuhr. Das war auch kein Wunder, schließlich waren wir Freunde. Außerdem war er bei all seiner Fröhlichkeit sehr an den "Fragezeichen des Daseins" interessiert, wie er es einmal ausgedrückt hatte. In gewissem Sinne kam deshalb das Licht auch zu ihm, indirekt über mich. Denn was ich erfahren durfte, schien mir nicht so "geheim" und so für mich allein bestimmt zu sein, als daß ich es mit ihm nicht hätte weitgehend teilen dürfen.

Wir saßen uns bei einem Glas Wein gegenüber. Zuerst besprachen wir ein paar geschäftliche Dinge, dann erzählte ich ihm von meinen Erlebnissen, und zwar sowohl von den Ereignissen der letzten Tage, als auch davon, daß ich einige Nächte allein gewesen war. Ich erzählte von meinen Erfahrungen und den Aufklärungen, die mir zuteil geworden waren und den Erkenntnissen, die ich gewonnen hatte. "Gewinnen durfte", verbesserte ich mich. Auf diese Weise konnte er die Schritte nachvollziehen, die mich der Wahrheit näherkommen ließen.

Peter fiel es nie schwer, seinen Kopf zu benutzen, um aus Fakten, die auf dem Tisch lagen, die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Man mußte ihm nicht viel erklären, das war das Schöne an unserer Freundschaft. Hätte das Licht ihn auch so oft wie mich daran erinnern müssen, den Verstand zu gebrauchen?

"Ich schaff's schon noch", dachte ich und schmunzelte, während ich mich daran erinnerte, immer eine gute Meinung von meinem Verstand gehabt zu haben. Peter schaute mich fragend an.

"Nichts Besonderes", sagte ich, "ich darf nur nicht aufhören zu trainieren." Das machte ihn auch nicht klüger. Deshalb fuhr ich fort:

"Fangen wir doch damit an. Das Licht hat mir empfohlen, über die Frage nachzudenken, warum das viele Leid in dieser Welt ist, wenn es nicht als Strafe von Gott kommt. Spontan könnten wir natürlich sagen, daß der Mensch der Verursacher des Leidens ist. Das wird auch stimmen. Aber es ist mir zu pauschal. Zu viele Fragen bleiben offen. Kann man damit Naturkatastrophen, Kriege, unschuldig ermordete Kinder, Hunger, Armut und vieles mehr erklären? Ich möchte es verstehen ... und", fügte ich etwas leiser hinzu, als ich meine drängende Ungeduld bemerkte, "vor allem so verstehen, daß es mir für mein Leben als Richtlinie dienen kann."

"Dann laß uns systematisch vorgehen ..."

"... zumal ich spüre", unterbrach ich ihn, "daß die Lösung vor meiner - unserer - Nase liegt."

"Dann laß uns systematisch vorgehen." Seine Ruhe und Geduld waren bemerkenswert. "Wir fassen zusammen, was wir haben und wissen. Willst du anfangen?"

Ich nickte. "Erstens, es gibt einen Gott, und dieser Gott ist die Liebe. Des weiteren gibt es eine geistige Welt, die real existiert und von Menschen, so wie es mir passiert ist, unter für mich noch nicht geklärten Umständen wahrgenommen werden kann. Zumindest in Teilaspekten. Wenn wir annehmen, daß Gott einen 'Wohnsitz' hat, ist dies der Himmel. Was eine mögliche Hölle oder andere Orte angeht, davon habe ich noch keine Ahnung."

Ich machte eine Pause, in die Peter hineinsprach.

"Wir wissen, daß es keinen Zufall gibt, daß dafür das Gesetz von Ursache und Wirkung gilt. Wir haben erkannt - und das halte ich für ganz entscheidend -, daß dieses Gesetz nicht nur in die Zukunft hineinwirkt, sondern auch aus der Vergangenheit heraus wirksam ist. Die Wiedergeburt ist für dich und auch für mich nicht nur wahrscheinlich, sondern zur Überzeugung geworden. Die kirchlichen Lehren von der Einmaligkeit eines Menschenlebens haben sich als falsch erwiesen und die Glaubenssätze und Dogmen, auf denen ein großer Teil dieser Lehre beruht, als von Menschen erfunden und damit unhaltbar."

Er hatte an den Fingern seiner Hände mitgezählt. Fast alle Finger waren ausgestreckt.

"Da haben wir doch schon einiges", sagte ich und überlegte, ob noch was fehlte. Richtig: "Energie kann nicht vernichtet werden, und - wenn wir unserem Physikstudenten glauben wollen - es gibt ein Leben nach dem Tod ..."

"... an das wir sowieso glauben müssen", ergänzte mein Freund, "weil wir uns für die Reinkarnation entschieden haben. Und ohne ein Weiterleben kein Wiederkommen."

Es war schon beachtlich, wie sich unser Weltbild in relativ kurzer Zeit verändert hatte - und noch weiter verändern würde. Dennoch hatten wir noch nicht alles beisammen. Wahrscheinlich fehlte sogar noch das meiste. Doch zu einem neuen Verstehen und zum Erkennen, daß die alte "Wahrheit" in Wirklichkeit gar keine war, sondern ein leeres Fassaden-Gebäude, dafür reichte es schon. Wie sehr hatte sich doch das Wort bewahrheitet, dachte ich, daß Unwissenheit und Oberflächlichkeit die Feinde der Erleuchtung sind. "... der Erkenntnis", korrigierte ich, weil ich es auch auf mich bezog, "nicht der Erleuchtung."

"Das Wichtigste haben wir vergessen, obwohl es sich aus 'Gott ist die Liebe' ergibt: Gott straft nicht, Gott schickt keine Krankheiten, Gott ist nicht die verantwortlich zu machende Instanz für das Leid. Damit", sinnierte ich weiter, "sind wir mitten drin im Thema."

"Mir scheint, wir haben die Lösung schon gefunden."

Ich schaute fragend. Peter begann, mir von Australien zu erzählen, von den Buschmännern und einer ihrer Jagdmethoden. "Kennst du einen Bumerang?" fragte er mich.

"Klar", antwortete ich und wärmte einen alten Witz auf. "Ich hatte mal einen, den wollte ich wegwerfen. Das ging nicht, er kam immer wieder zurück."

"So ist es wohl", bestätigte Peter und nickte. "So ist es mit jeder Handlung, die in die Welt gesetzt wird. Bestimmt auch mit jedem Wort; manche glauben sogar, mit jedem Gedanken. Jeder Mensch schleudert ununterbrochen Bumerangs und wundert sich, wenn sie zurückkommen, und er von ihnen getroffen wird - obwohl oder weil er doch schon längst nicht mehr an sie gedacht hat."

"Jeder Verstoß gegen das göttliche Liebegebot gleicht einem solchen geistigen Bumerang. Da dieser nicht verlorengeht, zieht er seine Kreise. Meistens sind sie unsichtbar ..."

"... aber nicht immer", unterbrach Peter mich.

"Das stimmt. Oftmals kündigt sich der zurückfliegende Bumerang sogar an. Manchmal streift er dich zuerst, bevor er in einem Bogen zurückkommt und dich richtig trifft. Ob aber mit Vorwarnung oder nicht, in jedem Fall fliegt er auf einer Bahn, die ihn todsicher zu dem zurückbringt, der ihn geschleudert hat. Ob nach 20 Tagen, 20 Monaten, 20 Jahren, 200 Jahren ..."

Das Bild begann klarer zu werden. Das eine ergab sich aus dem anderen, die Mosaiksteinchen fügten sich zusammen. Auf einmal hatte ich das Wort "Gerechtigkeit" vor Augen.

"Wirkliche Gerechtigkeit kann und wird es auf der Welt nie geben." Ich dachte jetzt laut. "Gottes Liebe aber beinhaltet die Gerechtigkeit. Diese muß auf eine Weise wirken, die keinen - und sei es der größte Sünder oder 'der letzte Mensch', wie wir zu sagen pflegen - auch nur um einen Hauch benachteiligt. Das bedeutet, keinem kann etwas widerfahren, das er nicht selbst verursacht hat. Ganz gleich, was es ist! Keiner muß die Wirkung von etwas tragen oder ertragen, das ein anderer - also nicht er selbst - als Ursache geschaffen hat ... Das ist schon mal beruhigend."

Ich schaute unbestimmt-konzentriert auf den Tisch zwischen uns. Peter ließ mich denken bzw. reden.

"Daraus ergibt sich aber auch ein schwerwiegender und weittragender Umkehrschluß, und der ist gar nicht so beruhigend: Daß nämlich ausschließlich ich selbst das zu tragen habe, was ich an Negativem ausgesät habe und noch aussäen werde. Ich kann also keinem anderen etwas davon 'unterjubeln'. Das heißt auch, daß das, was auf mich zukommt, von mir und von niemand anderem verursacht wurde. Sonst würde mich dieser Bumerang nicht treffen, nicht treffen können! Und es heißt schließlich auch, daß er mich damit zu recht trifft, göttliche Gerechtigkeit und ein fehlerfrei arbeitendes göttliches Karma-Räderwerk vorausgesetzt."

Ich sagte noch: "Peng" - und dann herrschte für eine Weile Stille.

Peter nahm das Wort zuerst wieder auf.

"Etwas mit einer solchen Konsequenz zu Ende zu denken, kann heilsam sein, wenn man daraus die notwendigen Schlüsse auch praktisch umsetzt ..."

Ich schaute ihn an. "Das Zauberwort heißt 'wenn' ..."

"Richtig. Will man dagegen diese Schlüsse nicht ziehen, sei es aus Mangel an Einsicht oder Mut oder Beständigkeit, wird man immer wieder den Zufall als Erklärung heranziehen." Er schüttelte leicht den Kopf. "Ich bin zwar nie in meinem Leben so in die Dinge eingestiegen, wie wir das hier tun; aber ich habe zumindest immer dann, wenn es mir möglich war, nach meinem Anteil an einem Dilemma oder einem Streit gesucht."

"Wenn ich leichtfertig den Zufall als Erklärung akzeptiere, beraube ich mich der Chance, etwas zu lernen. Außerdem besteht die große Gefahr, daß ich an Gott irre werde. Oder daß ich andere für mein Schicksal verantwortlich mache." Es "blätterte" weiter in mir, eines ergab sich aus dem anderen. "... daß ich damit neue Ursachen setze, weil ich die mich treffenden Wirkungen nicht als Lösungsansatz sehen will und in meinem Frust oder Zorn ungerecht werde. Weitere Bumerangs fliegen los - und wenn auch sie mich eines Tages treffen, werfe ich vor lauter Wut neue."

"Ein Teufelskreis", murmelte Peter.

Ich stimmte ihm zu. "Im wahrsten Sinne des Wortes 'ein Kreis des Teufels', in dem die meisten gefangen sind, weil sie unwissend sind. Aus der Ernte ergibt sich neue Saat, daraus neue Ernte und so weiter. Und wer die Augen nicht öffnet, kommt aus diesem Kreis ständig neuer Seelenbelastungen nicht heraus ... Wer Dummheit sät", sagte ich nachdenklich, "wird Sünder ernten."

Beide waren wir noch frisch. "Eigenartigerweise", dachte ich, "nach einem langen Arbeitstag und diesem Gespräch!" Aber vielleicht war es auch gar nicht eigenartig, sondern ganz normal, und es lag daran, daß wir geistig hungrig waren. Immerhin taten sich ganz neue Perspektiven auf, die noch weitaus mehr beinhalteten, als sich uns in diesen Stunden erschloß. Da war ich mir sicher. Doch auch das bis jetzt Ergründete und Erfahrene allein war schon dazu angetan, voller Zuversicht in die weiteren Jahre zu schauen und zu gehen.

Im Moment beschäftigten mich vordringlich zwei Aspekte, die mein Licht mit Sicherheit mit mir herausarbeiten würde. Am liebsten aber würde ich mir schon vorher ein paar Gedanken darüber machen, mit Peter oder am Wochenende mit Anne.

Das eine war die Frage, wie es möglich war, daß das Karmagesetz über viele Leben und damit vielleicht über viele Jahrtausende absolut präzise wirksam bleiben und dann den Menschen als Kind oder Erwachsenen, als Gläubigen oder Ungläubigen, als Reichen oder Armen, als Guten oder Bösen treffen kann. Ob man also davon ausgehen konnte, daß ein Mensch, der krank wurde oder dem ein Unglück widerfuhr, daß dieser Mensch früher einmal gesündi... Tausend Warnlampen gingen in meinem Kopf an. Ich erschrak und wurde in unserer Stille noch stiller. Schließlich dachte ich vorsichtig weiter.

Das andere war ein Punkt, der mir keine Ruhe und mich gleichzeitig hoffen ließ. Das Licht hatte Entsprechendes bereits angedeutet. War der Mensch seinem Schicksal ausgeliefert, mußte er hilflos das ertragen, was auf ihn zukam? Oder hatte der barmherzige Gott eine Möglichkeit vorgesehen, daß sich der Mensch aus seinem selbstgeschaffenen Los befreien konnte? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Mit welchen Mitteln? Und dann die Sache mit dem freien Willen ...

Dann waren da natürlich noch viele andere Fragen, die mir auf den Nägeln brannten, bei denen ich mich aber in Geduld üben würde. Die Antworten bekam ich ohnehin früher oder später. Mich interessierte, wo und wie das Leben weitergeht, wenn der körperliche Tod eingetreten ist; was die Seele ist; wie zu verstehen ist, daß Gott in mir ist; wie der Weg zurück in die Himmel aussieht; was und wo die Hölle ist (falls es sie gab); was für eine Funktion sie hat, wenn sie nicht "ewig" ist und vieles mehr.

Dies alles ging mir durch den Sinn. Peter muß es ähnlich ergangen sein, denn wir schwiegen eine ganze Weile. Das war nichts Neues bei uns. Peter hatte einmal gemeint, daß es gut tut, mit einem Menschen gemeinsam schweigen zu können. "Ja", dachte ich jetzt, "das ist auch etwas Schönes."

Dann aber nahm Peter schließlich das Gespräch wieder auf.

"'... wird Sünder ernten', hast du zuletzt gesagt", meinte er, "was aber nicht gleichzeitig bedeutet, daß man Heilige erntet, wenn man nur genügend Weisheit sät."

"Sicher nicht. Darin liegt für mich die Gerechtigkeit Gottes. Einerseits schafft Aufklärung vielleicht Informierte, aber nicht zwangsläufig Erleuchtete - weil nämlich erst die Liebe den Prozeß der Seelenentwicklung in Gang setzt. Andererseits kann die Unwissenheit nicht verhindern, daß durch die gelebte Liebe aus abhängigen Menschen langsam aber stetig freie Menschen werden."

Frei zu werden würde dann aber eine Freiheit nicht nur von Ansichten, Meinungen und Eingebundensein bedeuten, sondern auch ein Loslassen und Loswerden von egoistischen Charaktereigenschaften und Gewohnheiten und damit eine Auflösung früher gesetzter Ursachen. Bestehen die Ursachen jedoch weiter, holen die Wirkungen den Verursacher über kurz oder lang ein.

"Aber wie?"

"Aber wie was?" fragte Peter.

Ich hatte laut gedacht. "Entschuldige. Wie ist es möglich, daß eine noch nicht gelöschte Ursache, sagen wir aus dem letzten Jahrhundert, mich heute einholt? Gut, sie ist als Energie noch vorhanden ..."

"... und Energie kann nicht vernichtet werden und nicht verlorengehen."

"Mein Licht hat mir gesagt, wenn ich mich recht entsinne, daß jede Handlung eine Spur in der Seele des Verursachers hinterläßt ..." Ich hob die Hand in einer Geste, die Peter für den Fall, daß er etwas sagen wollte, stoppen sollte. Mir waren plötzlich zwei Dinge eingefallen, die ich fassen mußte, bevor sie wieder in meinem Unterbewußtsein verschwunden waren.

"Ich habe mich gerade an etwas erinnert." Ich konzentrierte mich. "Das eine war in einem Buch, das Max gehört, in dem die Seele als 'Energiekörper' bezeichnet wird. Das andere ... ich hab's. Das andere war eine Aussage, nach der sich im Geistigen gleiche Schwingungen anziehen."

Noch wußte ich nicht, ob uns diese beiden Erkenntnisse - eigentlich waren es bis jetzt nicht mehr als nur Informationen - weiterbringen würden, als Peter sagte:

"Dann sind wir einen Schritt weiter."

Er erkannte, daß ich diesen Schritt noch nicht getan hatte. Deshalb gab er mir ein Beispiel:

"Ich hab' einmal ein kleines Experiment gemacht und ein Stückchen Seidenpapier von Fingernagelgröße auf die D-Saite einer Gitarre gelegt. Dann habe ich eine andere Saite, nämlich die A-Saite, im 5. Bund gezupft. Was denkst du, was passiert ist?"

Ich hatte keine Ahnung und wußte auch nicht, auf was er hinauswollte. Deshalb sagte ich vorsichtig: "Du hast einen Ton erzeugt."

Peter schaute mich an wie ein Lehrer einen denkunwilligen Schüler.

"Natürlich auch. Aber ich habe auch eine Saite in Schwingung versetzt mit dem Ergebnis, daß auf einer anderen Saite, die ich gar nicht berührt habe, ein Stückchen Papier zu hüpfen anfing und dann herunterfiel."

Ich sagte, "ping, ping, ping, ping", denn jetzt war bei mir der Groschen gefallen. "Eine Saite ruft bei einer anderen Saite eine Reaktion hervor, wenn die von ihr ausgehende Schwingung mit der Schwingung der Empfänger-Saite übereinstimmt. In deinem Beispiel die Schwingung des Tons D, erzeugt im 5. Bund auf der A-Saite." Mir wurde warm. "Eine bestimmte Handlung stellt eine bestimmte Form von Energie dar - oder ein bestimmtes Muster mit einer nur ihm eigenen Schwingung. Wenn diese Schwingungsenergie beispielsweise von mir erzeugt wurde, läßt sie beim 'Aussenden' einerseits ihren 'Stempel' in meinem Energiekörper, der Seele, zurück und ... und weiter ...?"

"... und trägt andererseits gleichzeitig deine Handschrift sozusagen als 'Absender'. Sie kehrt nach ehernen Gesetzen, die wir nicht kennen, wie ein Bumerang zielsicher zu ihrem 'Absender', zu ihrer 'Erzeugerschwingung', zu dir zurück."

Nachdenklich sagte ich: "Und dann wundert sich der Mensch, um bei deinem Beispiel zu bleiben, warum das Papier plötzlich von der Saite fällt, obwohl er die Saite doch gar nicht berührt hat."

"Oder", fügte Peter hinzu, "warum er krank wird, obwohl er sich doch gesund ernährt hat."

"Wieso gerade ihn ein finanzieller Verlust oder ein Diebstahl trifft, obwohl er doch immer umsichtig und ehrlich war", machte ich weiter.

"Warum ein geliebter Mensch viel zu früh aus dem Leben scheiden mußte, vielleicht sogar gewaltsam, obwohl er doch ein frommer Mensch war, der keinem Unrecht getan hatte."

Wir ließen eine Weile die Stille um uns wirken. Draußen war es schon längst dunkel geworden. Peter schaute auf seine Uhr.

"Laß mich einen Gedanken noch zu Ende bringen", bat ich. "Es betrifft die Seele, nach der ich mein Licht noch fragen möchte. Wie ich gelesen habe, wird auch oft der Begriff 'Seelenkörper' dafür verwendet. Dieses Wort deutet auf eine Form hin, die der materiellen, dem menschlichen Körper, ähnlich ist."

"Ein geistiger Körper", antwortete Peter.

"Ja, ein Körper, der geistig ist, der Energie ist. Der zu mir gehört, zu mir und keinem anderen."

"Und der den Tod überlebt ..."

"Überlebt er oder ich den Tod?" fragte ich. Hier spürte ich eine Grenze, an der ich mich schwertat. "Wenn es keinen Tod in dem Sinne gibt, wie wir ihn ein Leben lang angenommen haben, wenn ich also nicht sterbe - dann muß nicht er, sondern ich den Tod überleben."

Es war spät geworden - und kompliziert. Trotzdem fügte ich noch hinzu:

"Wenn ich als Individuum den Tod überdaure, dann muß die Seele nicht nur ein Teil von mir sein, dann muß sie mehr oder weniger ...", ich hatte Schwierigkeiten, mein Empfinden auszudrücken, "... ich sein, der Träger meines wahren Wesens, meiner Persönlichkeit, meiner guten und bösen Seiten, meines Schicksals. Dann bin ich 'nur' ihr 'Aushängeschild' für dieses Leben. Im nächsten sucht sie sich ein anderes ..."

Ich hatte eine kleine Pause gemacht, die es Peter ermöglichte zu ergänzen:

"... in das hinein sie das mitbringt, was sie ausgemacht hat, was sie getragen hat und noch trägt."

"Und da sie Energie ist, und Energie nicht vernichtet werden kann, bleibt sie nach wie vor der Adressat und gleichzeitig Empfänger all ihrer Bumerangs, die noch frei herumfliegen. Gute Nacht."

Das "Gute Nacht" war nicht als Aufforderung an Peter gedacht, nun nach Hause zu gehen. Er verstand es natürlich auch nicht so - obwohl es für uns beide an der Zeit war, sich langsam auf die Nacht vorzubereiten. Darin hatte sich mehr eine Art resignierende Ergebenheit geäußert, die sich bei dem Gedanken und der Einsicht an ein hausgemachtes Schicksal und seinen Eventualitäten in mir breitgemacht hatte.

Ich nahm mir vor, darüber noch einmal vor dem Einschlafen nachzudenken.

 

*

 

Das tat ich auch.

Hausgemachtes Schicksal hin oder her: Gott war und blieb die Liebe. Nun konnte ja das Geschehenlassen bzw. das Zulassen der Wirkungen notwendig sein, um den Ausgleich innerhalb der göttlichen Gerechtigkeit, auf den alle Menschen gleichermaßen Anspruch hatten, zu gewährleisten. Es diente sicher auch dazu, die Erkenntnis in das eigene Fehlverhalten zu erleichtern. Denn immer wieder von einem Bumerang getroffen zu werden, dachte ich, vielleicht sogar immer an der gleichen Stelle, das würde mich schon mal zum Nachdenken bringen. Sehr wahrscheinlich würde ich versuchen herauszubekommen, ob man nichts dagegen tun kann, und wer diese Dinger eigentlich ständig wirft. Und was würde ich machen, wenn mir jemand erklären würde, daß es meine eigenen Wurfhölzer seien? Würde ich ihm glauben?

Ich versuchte einen anderen Ansatz. Da es einen Weg zu Ihm zurück gab ... Ich stutzte für einen Moment und wunderte mich über mich selbst: Noch vor wenigen Tagen hätte ich gedacht oder gesagt "... wenn es einen Weg zu Ihm zurück gab." Aus dem wenn war ein da geworden.

Da es also einen Weg zu Ihm zurück gab, mußte es auch eine Möglichkeit geben, diesen Weg zu gehen. Ein Weg ohne Möglichkeit schien mir so sinnlos wie eine Spardose ohne Schlitz.

Bei Gott, sagte ich mir, hat aber alles seinen Sinn. Ewig in einem Kreislauf von ständig neuen Ursachen und Wirkungen gefangen zu sein, die ein Vorwärtskommen auf dem Weg zu Ihm verhindern, war aber in meinen Augen sinnlos. Außerdem wollte ich ja nicht nur zu Ihm - Er wollte mich ja auch wieder bei sich haben. Und nicht nur mich, sondern alle. Ergo hatte Er auch ein Interesse an uns. Und mehr als das: Er hatte eine unvorstellbar große Liebe.

Also, schloß ich, hat Er einen Weg gefunden, daß jeder den Weg zurück würde gehen können - sofern er willens war. Das würde aber nur funktionieren, wenn die Bumerangs langsam aufhören würden zu fliegen und zu treffen. Ansonsten, war mein Überlegen, wäre es ein Auf-der-Stelle-treten, ein Sich-ducken, Verteidigen, Zurückschießen. Wie bei der Belagerung einer Burg: Man würde nicht 'rauskommen und sich auf den Weg machen können - es sei denn, es käme Hilfe, göttliche Hilfe ... Danach wollte ich fragen.

 

*

 

Ich schlief mit dem Gedanken ein, daß das Leben ein gefährliches Abenteuer ist. Daß es aber vielleicht auch ein schönes sein könnte, falls man den Weg findet, wie man auf "den Weg kommt".

Mein Licht ließ mich nicht im Stich. "Falsche Formulierung", dachte ich gleich darauf, "es hat mich nie im Stich gelassen und wird es nie tun." Seine Strahlen berührten mich und etwas, das wir mit menschlichen Worten vielleicht als "göttliche Zärtlichkeit" bezeichnen würden, floß in mich ein. So empfand ich es. Es umfaßte so vieles: Kraft, Wärme, Geduld, Verstehen, Ermutigung - und war nichts anderes als Liebe.

Es gibt keine größere Kraft als die Liebe. Sie hat unendlich viele Ausdrucksformen. Sie ist Licht, Macht, Geborgenheit, Unendlichkeit, Zuhause, Freiheit. Sie ist alles. Sie i s t .

Ich war glücklich und hörte zu. Dennoch konnte ich nicht verhindern, daß mir der Gedanke kam: "... und die Dunkelheit?"

Die Menschen schauen in ihre Welt und erkennen vor lauter Dunkelheit das Licht nicht mehr. "Das Böse nimmt ständig zu", sagen sie, und es scheint, als würde die Finsternis früher oder später den Sieg davontragen. Ich sage dir: Dies wird nicht geschehen, es k a n n nicht geschehen.

Du fragst dich, warum es nicht geschehen kann, wo es doch offensichtlich der Fall zu sein scheint. Vergiß nicht: Bei Gott gibt es nicht das, was ihr die "Zeit" nennt. Du wirst es später verstehen, wenn du wieder in der Ewigkeit und Unendlichkeit zu Hause bist. Würdet ihr versuchen wollen, das sogenannte "Fallgeschehen" - das ihr aus euren Bibeln her kennt - nach euren Zeitbegriffen einzuordnen, müßtet ihr eure Unfähigkeit erkennen. In diesen Kategorien könnt ihr nicht denken. Es spielt also für die Rückkehr aller Seelen und Menschen keine Rolle, ob die Finsternis auf eurer Erde für ein paar Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte oder auch Jahrtausende scheinbar die Überhand gewinnt.

Für mich war dies spannender als alles, was ich bisher gehört und gelesen hatte, nicht zuletzt deshalb, weil ich direkt davon betroffen war - und mit mir alle Menschen (und, wie ich gehört hatte, auch alle Seelen). Mein Leben, so hatte ich das Gefühl, würde von dem abhängen, was ich verstehen und umsetzen könnte. Nein, nicht das Leben schlechthin, denn leben würde ich in jedem Fall, so oder so. Es war mehr die Art und Weise, wie sich dieses und künftige Leben gestalten würden.

Und dann vergiß nicht, daß die Finsternis aus dem Licht hervorgegangen ist und nicht umgekehrt.

("... dann vergiß nicht?" dachte ich, "habe ich das schon mal gewußt?"). Das Licht machte eine kleine Pause.

Ich sehe, daß dir ein Beispiel helfen würde. Stell' dir eine stockdunkle Nacht vor. Auf einem Grundstück steht ein Haus, dessen Fensterläden und Türen dicht geschlossen sind. Im Haus selbst ist alles hell erleuchtet, doch kein Lichtstrahl fällt nach draußen. Nun gehst du hin und öffnest die Läden und Türen. Wird die Dunkelheit nach innen fallen und das Licht schlucken, oder fällt das Licht nach außen und erhellt die Finsternis?"

Die Antwort war so eindeutig, daß sie nicht gegeben werden mußte. Ich tat es dennoch, weil wir darauf vielleicht aufbauen konnten.

"Du machst es einem leicht zu lernen", sagte ich. "Das Licht fällt nach außen und ist damit natürlich der Stärkere. Wieso aber entstand die Dunkelheit überhaupt? Warum ließ Gott das zu?"

Mich wunderte lange Zeit später noch, daß mein Licht mir nicht zur Antwort gab, daß mein Bewußtsein zum Verständnis dieses Ablaufs nicht ausreichen würde. Es hätte das Recht zu einer solchen Antwort gehabt, denn in der Tat verstand ich trotz der Einfachheit der Erklärungen vieles nicht. Heute weiß ich, daß das Licht noch eine andere Absicht als die der Aufklärung damit verband: Es zeigte mir, daß es mich ernst nahm, so wie auch ich jeden ernst nehmen sollte, weil es keine dummen Fragen, sondern höchstens dumme Antworten gab - wie ich mich erinnerte, einmal gehört zu haben.

Der Schlüssel, so wurde ich aufgeklärt, lag in dem Geschenk des freien Willens, das Gott jedem Seiner Geschöpfe gegeben hat. Dieser freie Wille wurde zuerst von einem, dann von einigen wenigen und später vielen Engeln mißbraucht, die das Ziel einer eigenen Schöpfung anstrebten. Es war wohl der erste Verstoß gegen das Gebot der selbstlosen Liebe. Und das hatte Folgen - nicht weil Gott jetzt als der Strafende oder Rächende auftrat, sondern weil Seine ewigen Gesetzmäßigkeiten wirksam wurden.

Du erinnerst dich: Alles ist Energie, und alles hat seine Schwingung. Jede Energieform hat ihre eigene. Die Schwingung des Eises ist eine andere als die des Wassers und der Luftfeuchtigkeit.

Die höchstschwingende Form der Energie ist die Liebe, die in ihren unzähligen Facetten die Vollkommenheit Gottes ausdrückt. Alles, was unterhalb dieser Vollkommenheit und Selbstlosigkeit angesiedelt ist, schwingt niedriger. Ihr habt davon gesprochen, daß gleiche Schwingungen sich anziehen. Die Schlußfolgerung daraus lautet: Ungleiche Schwingungen stoßen sich ab.

Offenbar war mein Licht wiederum zu der Überzeugung gekommen, daß es nicht schaden könnte, wenn ich meinen Verstand auch zum Mitdenken gebrauchen würde und nicht nur zum Zuhören. Es schwieg nämlich auf einmal, was ich schließlich als Aufforderung verstand, mitzumachen. Ich versuchte es.

"Nachdem ungleiche Schwingungen sich abstoßen, mußten sich die andersdenkenden und -handelnden Engel aus den höchstschwingenden himmlischen Bereichen entfernen. Sie konnten sich dort nicht halten; sie stießen sich ab, zwangsläufig und 'praktisch wie von selbst'."

Nur Mut, schien mir ein besonders leuchtender Strahl zu sagen, der aus dem Zentrum des Lichtes auf mich zukam. Hatte ich das nicht erst vor kurzem auch zu jemandem gesagt?

"Da Energie nach göttlichen Gesetzen ('und sogar nach unseren physikalischen Gesetzen', fiel mir ein) nicht vernichtet, sondern nur umgewandelt werden kann, konnte es für diese Engelwesen also auch keine Vernichtung und keinen Tod geben." ('Ist ja bei Gott ohnehin weder möglich noch vorgesehen', dachte ich, 'nicht von Seiner Liebe und nicht von Seinen Gesetzmäßigkeiten her. Waren beide ein und dasselbe?')

So ist es.

Noch vor Tagen hatte mich diese direkte Ansprache, die meinem Licht auf Grund unserer Verbundenheit jederzeit möglich war, leicht verwirrt. Inzwischen hatte ich mich - beinahe - daran gewöhnt.

Ich fuhr fort: "Das kann nur bedeuten, daß sie zwar weiterexistierten, aber nicht mehr in der gleichen Form und nicht mehr auf die gleiche Weise." Wo lebten sie weiter? Es mußte außerhalb der Himmel sein, in einem ... Bereich ..., ("Ist das wohl der richtige Ausdruck?" dachte ich. Ganz falsch konnte er nicht gewesen sein, denn ich wurde nicht korrigiert.) ... der ihrer Schwingung entsprach.

Und damit ihrem Bewußtsein, das sich eingeschränkt hatte.

"Hätten sie nicht wieder zurückgekonnt?"

Denke nach.

Recht so; die Frage war mir vorschnell herausgerutscht.

"Da die Liebe nun einmal ohne Wenn und Aber die Liebe ist - sonst wäre sie nicht die Liebe -, und ihr somit jegliche Empfindung und jegliches Gefühl der Vergeltung oder Bestrafung fehlen, mußte es die Möglichkeit der Rückkehr geben. Gab es eine Bedingung dafür?"

Gott stellt keine Bedingungen. Es mußten jedoch, entsprechend Seinen Gesetzmäßigkeiten, bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.

"Und die wären? - Entschuldigung", sagte ich. "ich vergaß, daß ich was lernen soll. Du weißt es ja schon." In Gedanken fügte ich aber noch hinzu: "Das ist wie im richtigen Leben; ob das jemals aufhört?"

Wenn du wieder daheim bist. Bis es jedoch soweit ist, wirst du immer wieder daran erinnert werden, daß es um das Erkennen, Lernen und Lieben geht. Dies wird so lange geschehen, bis du es aus freien Stücken heraus zur Grundlage deines Handelns machst.

"Bis ich aus freier Entscheidung heraus die Richtung bestimme, in die ich gehen will, die Richtung 'Himmel' - und in die ich dann auch gehe?"

Wie du es aus dem Gleichnis des verlorenen Sohnes kennst, dem ein Freudenmahl bereitet wurde, als er in das Haus seines Vaters zurückkehrte.

"Ist dieser Weg weit?" wollte ich wissen.

Wie weit er ist, bestimmst du selbst.

Ich dachte darüber nach. Wer war ich denn, daß ich bestimmen konnte, wie kurz oder wie lang der Weg zurück sein würde? Wenn es jedoch so war, mußte es mit der Frage nach der Hilfe zusammenhängen, die am Abend in mir aufgestiegen war, und die ich noch nicht gestellt hatte. "Die Zeit wird kommen", sagte ich mir, denn ich wollte jetzt den roten Faden nicht verlieren.

Ich überlegte einen Moment. Hatte ich ihn schon verloren? Wo waren wir, wo war ich stehengeblieben? Von "bestimmten Voraussetzungen" hatten wir gesprochen und davon, daß ich - sicher jeder andere auch - die "Länge des Rückweges" selbst bestimme. Plötzlich war der Zusammenhang da; der Faden war nicht gerissen.

"Wer in den Himmel zurückkehren wollte, mußte als Voraussetzung die gleiche hohe Schwingung wie die des Himmels aufweisen. Genauer gesagt: Er mußte sie wieder aufweisen, wenn er sie zuvor verloren hatte. Er mußte damit die Schwingung des Himmels in sich tragen - oder kürzer ausgedrückt: den Himmel selbst. Dann würden sich die Tore des Himmels wie von selbst öffnen, denn einen irgendwie gearteten 'Strafmechanismus', der dies hätte verhindern können, gab es ja nicht."

Ich hatte mich entschlossen, der Einfachheit halber nun doch den Ausdruck der Himmel (also die Einzahl) zu gebrauchen, wollte aber gelegentlich danach fragen, warum mein Licht die Bezeichnung die Himmel (also die Mehrzahl) verwendete. Es erwies sich jedoch als überflüssig, danach zu fragen.

Es steht dem nichts im Wege, wenn du d e r Himmel sagen möchtest. Die Aussageform d i e Himmel bezeichnet die sieben Kräfte oder Aspekte Gottes, auf denen die gesamte Schöpfung aufgebaut ist.

Ein Strahl seiner Liebe traf mich, den ich verstand als Laß es gut sein so.

Natürlich ließ ich es "gut sein". Ich war viel zu dankbar, der Wahrheit überhaupt so nahegekommen zu sein.

"Wer also den Himmel in sich trägt, der kann in den Himmel zurück", nahm ich meine Überlegung wieder auf.

Aus dieser Tatsache ergaben sich sogleich zwei neue Fragen: a) Konnten die gefallenen Engel etwas tun, um ihre Schwingung wieder zu erhöhen, und wenn ja, mit oder ohne Hilfe? Und b) Was geschah oder würde geschehen, wenn ihnen dies nicht gelang, oder wenn sie es nicht wollten?

Mein Licht griff meine zweite Frage zuerst auf.

Wenn sie es wollten, und wenn sie nicht zu tief gefallen waren, gelang es ihnen auch. Wenn sie es nicht wollten und womöglich auf dem Weg des Eigenwillens weiterschritten, blieben sie entweder in ihren außerhimmlischen Bereichen, oder sie fielen tiefer. Sie fielen um so tiefer, je mehr sie gegen göttliche Gesetze verstießen. So bildeten sich nach und nach unzählige Bereiche außerhalb der reinen Himmel. Je weiter diese Bereiche von den Himmeln entfernt waren, um so niedriger war ihre Schwingung. Das Licht in den Engeln oder Geistwesen wurde schwächer und schwächer ...

"... bis es schließlich erlosch", meinte ich, den Satz zu Ende führend.

Die Liebe Gottes kann nicht erlöschen, sonst würde kein Kind in sein Vater-Mutter-Haus zurückfinden.

Das Licht ließ mir ohne die geringste Andeutung von Tadel oder Zurechtweisung Zeit. Aber vielleicht gerade deshalb schämte ich mich ein bißchen, einerseits wegen meiner Unlogik, andererseits wegen einer Spur von "menschlichem Gerechtigkeitsempfinden", die ich in mir entdeckte, und die eine solche Konsequenz als Folge der Abwendung von Gott für möglich gehalten hatte.

Mit dem Schwächerwerden des Lichtes in den einstmals strahlenden, geistigen Körpern veränderte sich auch die Form ihrer Energiekörper, bis sie die niedrigst schwingende Form überhaupt angenommen hatten. Es hatte sich die Materie gebildet.

"Aus Luftfeuchtigkeit wird Wasser, aus Wasser wird Eis ..."

Vereinfacht ausgedrückt, ja. Auf ihrem Weg von den Himmeln bis zur Erde entstanden so viele, viele Welten, in denen all jene zu Hause sind, die entweder nicht so tief, das heißt bis auf die Erde, "gefallen" sind oder ...

Ich hatte während dieser Belehrungen eine entscheidende Antwort gefunden. Mein Licht hatte dies natürlich wahrgenommen. Es schwieg deshalb, um mich sagen zu lassen:

"... oder die den Himmel zum Zeitpunkt ihres Todes noch nicht wieder in sich erschlossen haben und deshalb auch noch nicht wieder in den Himmel hineinkönnen. Sie gehen dann in die Welten, von deren Schwingung sie angezogen werden. Das sind nach göttlichen Gesetzmäßigkeiten genau die Bereiche, die den Schwingungen oder auch dem Zustand der einzelnen Seele entsprechen."

So froh ich war, diesen Teil der Wahrheit gefunden zu haben, so traurig war ich darüber, wenn ich daran dachte, in was für schlimme Zustände eine Seele im Jenseits möglicherweise "hineingeboren" wurde, wenn ihre selbstgeschaffene Seelenschwingung schönere oder hellere jenseitige Welten nicht zuließ. Noch nicht zuließ!

Jetzt ahnst du, was die Hölle ist; was sie sein kann. Sie ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Menschliches Vorstellungsvermögen geht hier falsche Wege. Und dank der Liebe Gottes ist die sogenannte Hölle auch nicht ewig.

Ewig ist allein das Leben, aus dem auch du bist, an dem auch du wieder teilhaben wirst, du und alle Menschen und Seelen. Dafür ist Er in die Welt gekommen - Christus, der Sohn Gottes - damit a l l e heimfinden.

Mit dieser Antwort war meine erste Frage (ob die Gefallenen etwas tun konnten, sei es aus eigener Kraft oder mit fremder Hilfe) zwar noch nicht beantwortet, aber es war ein Hinweis auf eine Lösung gegeben. Erlösung fiel mir spontan ein.

Ich segne deinen Schlaf. Ich bleibe bei dir.