Der große
Alexandriner Origenes (um 185 – etwa 253)141, war
»das
einzig
wirkliche
Genie unter
den griechischen Kirchenvätern«142,
»der
größte Gelehrte des
christlichen
Altertums«.143
300 Jahre nach seinem
Tod aber
kulminierten Angriffe und Diskrimierungen in seiner Verurteilung
als Häretiker. Es dauerte noch einmal 1400 Jahre, bis man
erkannte, welcher Art die Machtkämpfe und Intrigen waren, die zu
seiner Verurteilung führten und welches Lichtes man sich
dadurch in
der Kirche
selbst beraubt
hatte144.
Neben Adolf von Harnack hat sich
u.a. auch Hans Urs
von Balthasar energisch dafür eingesetzt, dass
Origenes der ihm
gebührende Platz unter den Größten der Kirchen-
und
Theologiegeschichte eingeräumt wird.145
In der
Neuzeit nun wurde Origenes »geradezu zum Kirchenvater der
Reinkarnationslehre, zu einer zentralen Berufungsinstanz,
Reinkarnationsvorstellungen im Christentum zu situieren«.146
Aber ob er wirklich an Reinkarnation glaubte und sie lehrte,
ist heute sehr umstritten und ein komplexes Thema. Helmut
Zander 147 kommt in seiner eingehenden und
differenzierenden Untersuchung der Frage zu dem
Ergebnis, dass Origenes
keine Reinkarnation gelehrt habe (a.a.O., 145).
So stellt auch Lothar Lies fest, dass Origenes die
platonische Metempsychose (Wiederverseelung im Sinne der
Seelenwanderung durch Verkörperung auch in Tieren) 148
und die Metensomatose (Wiedereinkörperung in menschliche
Körper) der Stoiker ablehnte (a.a.O., 178
Lind 184f). Und doch halten viele
Autoren Origenes für einen Vertreter der
Reinkarnation. 149 Was spricht nun für und was
gegen Reinkarnation bei Origenes?
Natürlich war Origenes,
der ein hervorragender Kenner Platons und neben Plotin ein
Schüler des Neuplatonikers Ammonius Sakkas150
war, mit dem Thema der Reinkarnation umfassend vertraut. Er
setzt sich mit ihr und speziell mit der Seelenwanderung an
vielen Stellen seines Werkes auseinander. »Pythagoras,
Empedokles, Platon und Kelsos etwa werden von ihm als ihre
Vertreter genannt, weiterhin der Gnostiker Basilides.«151
Umso mehr erstaunt es, dass er sich in den relativ wenigen
Schriften, die uns von seinem riesigen, rund 2000 Nummern
umfassenden literarischen Werk noch erhalten sind, an keiner
Stelle klar und positiv zur Reinkarnation äußert. Im
Gegenteil! Es gibt mehrere Stellungnahmen, in denen er sich
dezidiert und explizit gegen die Seelenwanderung ausspricht.
Er verwendet für sie meistens die Begriffe Metensomatose,
aber auch Metempsychose oder den gnostischen Ausdruck vom
»Umgießen in andere und (wieder] andere Körper« (HZ, 144).
In der lateinischen Übersetzung begegnet auch der Begriff transmigratio (das Übersiedeln der Seele in einen anderen
Leib, Seelenwanderung).152
Es gibt für mich keinen
Zweifel darüber, dass Origenes die Seelenwanderung im Sinne
der Wiederverkörperung in Tieren (oder gar Pflanzen)
ablehnte. Denn die Seelen von Menschen und Tieren gehören
für Origenes – auch im Blick auf die Gottesebenbildlichkeit
des Menschen153
–
»zwei verschiedenen Schöpfungsordnungen an,
können also nicht
ineinander konvertieren, und er sieht zwischen beiden
Seelenklassen einen prinzipiellen, nicht nur
graduellen Unterschied.«154
Trotzdem scheint er an einer Stelle über die
Wiederverkörperung in Tieren im zustimmenden Sinne
nachzudenken. Origenes lehrte, dass sich jedes Vernunftwesen
durch den freien Willen zum Guten oder Schlechten verändern
kann, so auch die menschliche Seele. Kraft ihrer
Fortschritte in der göttlichen Ordnung können Menschenseelen
einerseits zu Engeln werden, zu >Kindern der Auferstehung<
bzw. zu >Kindern Gottes< in seinem Reich.155 Wenn aber
andererseits »die Seele 156 vom Guten herabsinkt und sich zur
Schlechtigkeit neigt
und immer mehr in diese hineingerät, so wird sie, wenn sie
nicht umkehrt, durch die Vernunftlosigkeit viehisch und
durch die Bosheit tierisch.« Dieser Änderung ihres
Charakters folgt eine Änderung ihres Status. »An Stelle
der schmerzhaften Strafe in der Glut des Feuers« [des
Fegefeuers, TM), der sie eigentlich verfallen wäre,
»entscheidet sie sich lieber für ein Leben als vernunftloses
Tier, manche wählen für die Tierwerdung sogar, wenn ich so
sagen darf, ein Leben im Wasser. Und so geht wohl, in dem
Maße wie der fortschreitende Fall in die Schlechtigkeit es
verdient, die Seele [des Menschen, TM) in den Körper dieses
oder jenes unvernünftigen Tieres ein.«157
Origenes spricht hier
also ganz deutlich von Seelenwanderung in dem Sinne, dass
die menschliche Seele nach dem Tod auf Grund ihrer
Verschlechterung an Stelle des Fegefeuers auch in Tierseelen wiederverkörpert werden kann. Das Fegefeuer wird dabei nicht
als grundsätzliches Argument gegen die Seelenwanderung ins
Feld geführt. Das ist durchaus bemerkenswert.
Rufin, der sich in seiner
397/8 entstandenen, sehr freien lateinischen Übersetzung von
Origenes' Hauptwerk Peri Archon erlaubte, scheinbare Längen
zu kürzen, selber zu ergänzen, ganze Abschnitte auszulassen
oder umzuarbeiten, zusammenzufassen und zu kommentieren, ja
Aussagen inhaltlich zu korrigieren, aber auch nach seiner
eigenen Aussage »das, was den sonstigen Äußerungen des
Origenes und unserem Glauben zuwider schien«
158,
nicht zu übersetzen, er stellt die obigen, für ihn wohl
anstößigen Aussagen des Origenes über die Wiederverkörperung
der Menschenseele in Tieren so dar, als verurteile Origenes
die Reinkarnation vernünftiger Seelen in Tieren. Er verkehrt
die Aussage des Origenes an dieser Stelle also in ihr
Gegenteil! Nun aber geht aus den Zeugnissen von Hieronymus
und Justinian deutlich hervor, dass Origenes die Tierwerdung
der Menschenseele ernsthaft erwogen hat. ja, »der Gedanke
scheint ursprünglich [von Origenes, TM) ausführlich
behandelt worden zu sein, denn Hieronymus spricht von einer
>sehr breiten Darstellung< (»sermo latissimus«).«
159
Freilich fügt Origenes
seinen Ausführungen hinzu: »Aber dies sollen
nach unserer Absicht keine festen Lehren
sein, sondern nur Fragen und Probleme. Ich habe es nur
deshalb ausgesprochen, damit die angeschnittene Frage nicht
ohne Behandlung bleibe.« 160
Diese Stelle darf also nicht als Indiz für
eine feste Seelenwanderungs-lehre des Origenes gewertet
werden. Er behandelt nur das Problem und lässt es an dieser
Stelle als Frage offen. Das war genau sein lebendiger
Lehrstil, der zum eigenen Denken einlud, und scheint mir
kein Zusatz Rufins zu sein.
Hingegen gibt es zahlreiche andere Stellen,
an denen er die Wiederverkörperung in Tieren, z.B. in
Hunden161, klar ablehnt. Im Römerbriefkommentar lehnt er die
Deutung des Pauluswortes »Ich selbst lebte einst ohne
Gesetz« (Röm 7,9) auf ein präexistentes Leben im Sinne der
Seelenwanderung ab, »die behauptet, dass die menschlichen
Seelen vorher im Vieh, in den Vögeln oder Fischen gewesen
und so zu den Menschen gekommen seien«.162 Origenes
bezeichnet dort die Seelenwanderung als »gottlose Lehre« (dogma
impium). In seinem Buch »Gegen Celsus« spricht er von ihr
als »fabelhafter Lehre«, »nach welcher die Seele von dem
Himmelsgewölbe herabfällt und bis zu den unvernünftigen
Tieren, nicht nur den zahmen, sondern auch den wildesten,
herabsteigt.«163 Er kennzeichnet sie auch als
»sinnlose
Seelenwanderungslehre«, durch welche »die vernünftige Natur
teils zu der ganzen unvernünftigen, teils aber auch zu der
gefühllosen Natur« herabgezogen werde (a.a.O., III 75, S.
290), d.h. zu den Tieren oder Pflanzen.
Diese Stellen lassen sich meines Erachtens
Origenes nicht absprechen. Sie sind im jeweiligen Kontext
bruchlos verankert und über sein ganzes, uns erhaltenes Werk
verteilt.
Wie aber denkt Origenes im Unterschied zur
Wiederverkörperung in Tieren und Pflanzen, die er klar
ablehnt, über die Reinkarnation einer menschlichen Seele in
einen neuen menschlichen Leib? Hier liegen die Dinge nicht
mehr so einfach. Es finden sich Stellen, in denen sich
Origenes deutlich gegen die Reinkarnation ausspricht.
Im
Römerbriefkommentar beispielsweise kritisiert er den
Gnostiker Basilides, der auf Grund von Röm 7,9f an
Reinkarnation denkt. Er habe »das Wort des Apostels auf
alberne und gottlose Geschichten bezogen und versucht, mit
dieser Aussage des Apostels die Lehre von der
Seelenwanderung (metensomatoseos dogma), das heißt, dass
die Seelen immer wieder in andere Körper übergehen (transfundantur),
zu begründen.« 164
Im selben
Kommentar weiter unten (S. 165) spricht er mit Paulus über
unseren Leib als »Leib der Sünde«, weil die Seele, die vom
Ursprung des Abfalls von Gott her sündig ist, in einen Leib
des Todes und der Niedrigkeit gekommen sei. »Um dieser
Sünden willen wird auch der Leib als Leib der Sünde
bezeichnet, und zwar nicht deshalb, weil die Seele etwa in
einem anderen Körper gesündigt hätte, wie einige meinen,
die eine Seelenwanderung (animarum transmigrationem) in
verschiedene Körper annehmen.«
In seinem
Matthäuskommentar bezeichnet Origenes die Lehre von der
Seelenwanderung als eine »irrige Lehre«.165
Und er gibt in der Auslegung von Mt 17,10 (»Die Jünger
fragten ihn [Jesus, TIM]: Warum sagen denn die
Schriftgelehrten, dass Elias zuerst kommen muss?«) eine
Erklärung für seine grundsätzliche Ablehnung der Lehre von
der Reinkarnation. Zunächst stellt er fest: »Ich möchte
nämlich nicht in die Lehrmeinung von der Wiedereinkörperung
verfallen, welche der Kirche
Gottes fremd ist und weder
von den Aposteln überliefert ist noch irgendwo in
den Schriften erscheint«166
Als erstes
Argument gegen die Reinkarnation führt Origenes sodann die
urchristliche Eschatologie an, die Erwartung, dass das
Sichtbare, Himmel und Erde, vergehen werden und »diese
Weltzeit eine Vollendung erfahren wird«.167 Und
wer mit dem Ende dieser materiellen Welt in Bälde rechnet,
erwartet keine Reinkarnation mehr.
Umgekehrt
aber setzt die Wiederverkörperung der Seelen bis zu ihrer
vollkommenen Reinigung und ihrer endgültigen, gesamthaften
Rückkehr zu Gott
»sozusagen unendliche
Zeiten« voraus, bis auch der Letzte nicht mehr
wiedergeboren werden muss und das Weltende kommen könnte.
Diese Perspektive stimme aber nicht mit der Schrift überein;
»sie weiß nämlich von einer Menge von Sündern zur Zeit der
Weltzerstörung.«168 Die Annahme der
Seelenwanderung bedeute notwendigerweise auch die Leugnung
des Endes der Welt.
Und schließlich: Wenn die Welt nicht untergeht, sondern ohne
Ende sein wird, dann kann nicht einmal Gott alles wissen,
bevor es entsteht, weil etwas Unendliches grundsätzlich
nicht zu umfassen und zu begreifen, zu bestimmen oder durch
Prophezeiungen anzukünden ist (a.a.O., 242). »Gegen
Platoniker und Stoiker negiert Origenes die Ewigkeit der
Materie ... « 169 Die sichtbare Welt hatte für
Origenes als eine geschaffene und gewordene Welt einen
Anfang und ebenso ein Ende, das er schon bald erwartete.
Wenn er heute, nach 1750 Jahren, was einem Zeitraum etwa von
Abraham bis Jesus entspricht, das Ende der sichtbaren Welt
bedenken würde, sähe er es wohl in einem anderen Licht,
nämlich weniger in dem des Endes als vielmehr der Vollendung
der materiellen Schöpfung im Sinne des Übergangs, der
Verwandlung und Vergeistigung in eine unsichtbare und ewige
Wirklichkeit neuer, höherer Welten.
170 Damit
hängt auch die Vollendung des Menschen und der ganzen
sichtbaren Welt im Blick auf die endgültige Apokatastasis
panton (Wiederherstellung aller Dinge) zusammen, eine Sicht,
die bei Origenes eine wesentliche Rolle spielt.171
Die angeführten Aussagen des Alexandriners über
Reinkarnation zeigen deutlich, dass es offensichtlich falsch
ist, Origenes einfach als christlichen Platoniker zu
bezeichnen, der platonisches bzw. hellenistisches
Gedankengut, einschließlich der Reinkarnation, unkritisch
übernahm. 172
Abgesehen davon, dass Origenes auch einen sehr intensiven
Austausch mit jüdischen Gelehrten pflegte und sich mit ihrer
Auslegung des Alten Testamentes beschäftigte173
behandelte er bei aller Liebe zu Platon die Lehren der
heidnischen Philosophen sehr selektiv und in vieler Hinsicht
kritisch, insofern nämlich für ihn die göttliche Offenbarung
grundsätzlich immer über der menschlichen Vernunft und
allem philosophischen Bemühen steht)174 Grundlage
für sein Denken war somit das Wort und die Lehre Christi,
wie sie vom Alten und Neuen Testament bezeugt wird. Denn
Origenes sah Christus auch schon im Alten Testament als >das
Wort Gottes< durch die
Propheten sprechen, lehren und weissagen, wie er am
Anfang seines Werkes Peri Archon darlegt.175
Als weitere Richtschnur des Glaubens gibt er an, dass man
nur das als Wahrheit glauben dürfe, »was in nichts von der
kirchlichen und apostolischen Überlieferung abweicht.«176
Zu dieser kirchlichen Überlieferung gehörte
auch der Glaube an die leibliche Auferstehung, an der Origenes trotz Spannungen mit seinem
eigenen System festhielt)177 Man kann aber nicht
Reinkarnation vertreten und gleichzeitig an der leiblichen
Auferstehung festhalten, weil dann ja für die Auferstehung
des einen Geistes bzw. der einen Seele viele irdische Leiber
– oder das, was von ihnen im Laufe der Zeit noch übrig ist –
zur Verfügung stehen würden.
So
verteidigt Origenes die kirchliche Lehre von der
Auferstehung als eine erhabene, Gottes würdige Lehre gegen
den Spott und die Kritik des Celsus, und zwar nicht deshalb,
»weil wir, wie Celsus meint, >die Lehre von der
Seelenwanderung falsch gehört hätten<, sondern weil wir
wissen, dass die Seele, welche ihrer Natur nach unkörperlich
und unsichtbar ist, an jedem körperlichen Orte, wo sie sich
befindet, eines Körpers bedarf, der seiner Natur nach jenem
Orte angemessen ist.«178
Origenes
Vorstellung von der Auferstehung ist tatsächlich nicht
leicht zu verstehen. 179 Klärend ist seine
Bemerkung PA IPI 6,5: »So meinen die Törichten und die
Ungläubigen, unser Fleisch verginge nach dem Tode in der
Weise, dass nichts von seiner Substanz übrig bleibe; wir
aber, die wir an seine Auferstehung glauben, erkennen, dass
im Tod nur eine Umwandlung des Fleisches geschieht, seine
Substanz aber, das steht fest, bleibt und wird durch den
Willen seines Schöpfers zu einer bestimmten Zeit wieder ins
Leben gerufen, und dann geschieht eine neue Umwandlung.«
Die Substanz des zu Staub und Erde gewordenen Leibes wird
»wieder auferweckt aus der Erde und gelangt danach, so wie
es das Verdienst der in ihm wohnenden Seele fordert, zur
Herrlichkeit eines >geistigen Körpers<.«
An dieser
Stelle spricht Origenes also nicht von dem Wiederaufbau der
Substanz des Erde gewordenen Leibes zu einem neuen irdischen
Leib für den Zweck der Wiederverseelung im Sinne der
Reinkarnation. Er denkt vielmehr an die Umwandlung jener
Körpersubstanz zum Aufbau des geistigen Auferstehungsleibes.
Es ist
klar, dass diese Hypothese von der Substanz des Körpers, die
sich am Jüngsten Tag mit der Seele vereinen und den
Auferstehungsleib bilden soll, eine völlig spekulative
Hilfskonstruktion darstellt, die weit entfernt ist von der
Möglichkeit, biblisch begründet werden zu können, und nur
ein Versuch ist, die leibliche Auferstehung zu retten. Denn
alles Geistige löst sich mit dem Sterben vom
materiellen Leib. Es bleibt auf Erden nur der vergängliche
Leib, der verwest und damit in den Kreislauf der Natur
eingeht. Und wenn es auch irgendeine geistige Substanz gäbe,
die sich noch mit den Atomen des verwesenden Leichnams
verbindet, so würde sie doch im Kreislauf der Natur in neue
Pflanzen und andere Tiere und zuletzt auch wieder in andere
Menschen eingehen und mitnichten für eine Auferstehung
dessen zur Verfügung stehen, der jenen Leib einst trug, in
welchem sich die Atome befanden. Die von Origenes
postulierte, von den materiellen Atomen zu unterscheidende
körperliche Substanz wäre ja auch im Grunde etwas anderes
als der materielle Leib. Auch deshalb kann man mit dieser
(dem griechischen Denken entsprungenen) Hilfskonstruktion
die fleischliche Auferstehung nicht retten; denn die
fleischliche Auferstehung wird ja ersetzt durch die
Auferstehung in jener Substanz. Warum nimmt die Seele nicht
gleich diese wie aus einer geistigen Trickkiste
hervorgezauberte Substanz an, wenn sie sich im Sterben vom
Leibe löst? Das alles zeigt die Unhaltbarkeit der von
Origenes so gut gemeinten Hilfskonstruktion.
Was aber
ist mit der sich im Sterben vom Leibe trennenden Seele? Sie,
die präexistente und unsterbliche, löst sich nach Origenes
nicht mit dem Leib des Verstorbenen auf, sondern lebt nach
dem natürlichen Tod in der anderen Welt in Erwartung der
Auferstehung. In diesem Zwischenzustand hat sie zwar noch
nicht den Auferstehungsleib, doch existiert, handelt, lernt
und leidet entsprechend ihrem vorhergehenden Leben –
bekleidet mit einer Art Übergangsgewand.180 Die
guten Seelen der Entschlafenen gelangen – wie der gläubige
Schächer am Kreuz – sofort nach dem irdischen Abscheiden in
das zur Erde gehörig vorgestellte geistige Paradies und die
schlechten an einen Läuterungsort.181
Wenn aber
die abgeschiedenen Seelen leben, handeln, lernen oder
leiden, wofür brauchen sie dann noch zusätzlich später den
Auferstehungsleib? Und was wird nach der Auferstehung mit
dem Übergangsgewand? Auch hier bleiben lauter offene Fragen,
Aporien, Widersprüche, welche die Notwendigkeit eines ganz
neuen Auferstehungsverständnisses zeigen, das freilich nicht
aus neuen Spekulationen bestehen sollte, sondern aus der
Lehre Jesu. 182
Bei der
Auferstehung empfängt die Seele nach Origenes durch die
»Zeugungskraft« des irdischen Leibes, den sie im Sterben
abgelegt hat, einen neuen, geistigen Leib, der einerseits
mit dem alten identisch und andererseits neu und verwandelt
ist, so wie zwischen dem Leib des Samenkorns und dem Leib
der aus ihm emporkeimenden Pflanze Identität und
Andersartigkeit besteht.183
Auch hier
müssen wir, um bei der Wirklichkeit und damit auch bei der
Wahrheit zu bleiben, uns fragen: Was ist das für eine
Zeugungskraft eines Leichnams, der schon längst verwest ist?
Mit dem Samenkorn der Pflanzen lässt sich nur der
menschliche Samen vergleichen. Wenn aber der ganze Leib tot
ist, dann verfällt er unweigerlich und hat keinerlei Kraft,
einen neuen Leib zu zeugen. Alles andere wäre doch völlig
wirklichkeitsfremd. Die faktische Identität zwischen den in
den Kreislauf der Natur eingehenden Atomen des verwesenden
Leichnams und dem herrlichen, strahlenden, heilen
Auferstehungsleib ist in keiner Weise aufzeigbar und
ersichtlich.
Diese
Aporien werden gerne mit den Begriffen >Wunder< und
>Geheimnis< überdeckt, besonders wenn ein Theologe als
heilig oder als Kirchenlehrer gilt. Das aber heißt, mit
einem inadäquaten Begriff für von Menschen gemachte
theologische Widersprüche, Unwahrheiten und Irrtümer Glauben
einzufordern. Ich halte es für unverzichtbar,
selbstgemachte theologische Aporien einzugestehen, um nach
in sich stimmigeren Lösungen Ausschau zu halten. Die Wunder
und Machttaten, die Gott tut, als etwas Göttliches und
Heiliges voll Ehrfurcht zu bestaunen und Gott darüber zu
preisen, ist doch etwas anderes als unsere menschlichen und
oft so falschen theologischen Lehren mit einem >Wunder
Gottes< zu bemänteln.
Dafür,
dass Origenes kein eigentlicher Vertreter der Reinkarnation
war, spricht auch, dass er nie wegen ihr verurteilt wurde.
Man kritisierte und verurteilte 543 auf der Synode der
Ostkirche in Konstantinopel durch das Edikt Kaiser
Justinians und 553 auf dem von ihm einberufenen und
seltsamerweise als ökumenisch anerkannten Konzil184 zu dem man
den Papst Vigilius gegen
seinen Willen unter Anwendung brachialer Gewalt herbeigeschleppt hatte, und ohne eigentlichen Konzilsbeschluss —
unter anderem Origenes'
Lehre von der Präexistenz der Seele. Dass Origenes das vorgeburtliche Sein
der menschlichen Seele lehrte, darüber gibt es keinen Zweifel. Doch bedeutet Präexistenz noch
nicht unbedingt
Reinkarnation, wie man oft etwas kurzschlüssig meinte.
Origenes denkt bei Präexistenz nicht nur an ein
vorgeburtliches Sein der Seelen,
sondern vor allem auch an ein Existieren derselben vor
Grundlegung dieser materiellen Welt in der ersten geistigen
Schöpfung bei Gott und in Gott.
185 Die
gnostische Behauptung, die Menschen seien
grundlegend verschieden geschaffen, die einen zum Verderben,
die anderen zum Heil bestimmt, widerlegt Origenes mit dem Hinweis auf die Güte und
Gerechtigkeit Gottes. »Der Gedanke von der Präexistenz der Seelen ist also
antihäretisch186 und im Sinne der Theodizee
187
zu
verstehen.«188 Durch
den Missbrauch der Willensfreiheit haben sich die ursprünglich körperlosen, geistigen Wesen
von Gott
entfernt, in ihrer Liebe zu ihm abgekühlt)189 Dadurch wurden die ursprünglich
körperlosen
Geistwesen zu Seelen und je nach ihrer Verschuldung oder
ihrem Verdienst zu Engeln, Dämonen oder auch Menschen und Tieren
190 mit einem entsprechend
mehr oder weniger verdichteten, lichten oder dunklen bzw. materiellen Leib. Die in menschliche
Körper inkarnierten, abgefallenen
Geister gelangten gleichsam in einen »Kerker von Fleisch und Blut«191 Auf Grund der Willensfreiheit
aller Vernunftwesen, dieeine Grundlage des
origeneischen Denkens
darstellt192, wäre es theoretisch denkbar, dass alle von Gott abgefallenen
Geistwesen nach
ihrer
Erlösung durch Christus und ihrer Rückkehr zu Gott in neuen
Zeitaltern und Welten erneut
abfielen und Mensch werden müssten.
Doch für die Zeit bzw. Ewigkeit nach der endlichen
Wiederherstellung
aller Dinge, der Apokatastasis, wenn Gott sein wird alles
in allen (1
Kor 15,28),
rechnete Origenes praktisch nicht mehr mit einem erneuten Fall und Wiederaufstieg
der freien Geistwesen.193 Denn das Ende
der Schöpfung im Sinne der Vollendung wird nicht nur eine
einfache
Wiederherstellung ihres Anfangsstadiums194 sein,
sondern den Anfang übertreffen,
»weil die Geschöpfe dann die Erfahrung der Liebe
Gottes gemacht haben und dadurch selbst in der Liebe
gefestigt sind«.195
Warum aber wird Origenes immer wieder unterstellt, er habe
an Reinkarnation geglaubt? Dabei hatte, was oft
übersehen wird, bereits
Pamphilus (Märtyrer 309), der Lehrer von Eusebius von
Caesarea, lange
bevor die Schriften von Origenes verbrannt und entstellt
worden waren,
in seiner Verteidigungsschrift für Origenes bereits den
Vorwurf, Origenes
habe die Seelenwanderung gelehrt, aus dessen eigenen Werken
widerlegt!
196
Vor allem legte wohl die innere Logik des origeneischen
Systems,
namentlich die Präexistenzlehre, den Gedanken der Reinkarnation sehr nahe. Dieser ließe
sich sozusagen nahtlos integrieren, wenn Origenes nicht an
der leiblichen Auferstehung festgehalten hätte, mit der er
sich selbst schwer tat; denn das Ende aller Heilswege Gottes
mit
den abgefallenen, ursprünglich
körperlosen Geistwesen197
sollte hinsichtlich der Körperlosigkeit der Geistwesen dem Anfang der Schöpfung
als deren
Wiederherstellung entsprechen.198
Folglich wäre ein auch verwandelter,
vergeistigter, unsterblicher Auferstehungsleib in der Sicht
des Origenes
eigentlich etwas zum ursprünglichen Zustand Hinzukommendes,
im Grunde gar nicht Nötiges und Unvollkommenes, welches das
völlige Einswerden mit dem unkörperlichen Gott eher
behinderte.
Denn Gott ist – hier hat
vor allem der Platonismus mit seinem abstrakten,
unlebendigen Gottesbegriff und seiner unbiblischen
Körperfeindlichkeit
seine gravierenden Spuren im Denken von Origenes hinterlassen
– völlig transzendent, unbegreiflich, unveränderlich,
unkörperlich und unsichtbar, nicht
schaubar – auch für den Sohn, Christus, den Heiligen Geist und
die Engel nicht schaubar(!) – sondern nur erkennbar.199
Origenes rechnet von seinem Systemansatz her eigentlich
damit, dass die Seelen in der
Vollkommenheit bei Gott und dem Einssein mit ihm einen
körperfreien Endzustand erlangen und nicht mehr
psyche, sondern wieder reiner
nous (Vernunftwesen) sind .200
Also wäre die Auferstehung mit
der Substanz des irdischen, wenn auch vergeistigten Leibes gar kein
Gewinn. In diesem Dilemma erwägt Origenes quasi als Kompromiss
einen himmlischen Gesamtkörper für alle
201, einen universalen Leib Christi,
in den alle Vernunftwesen als Glieder integriert
werden. Er sieht selber keine klare Lösung und überlässt die
Entscheidung
über die endzeitliche Körperlichkeit oder Körperlichkeit der Geistwesen dem Leser.202
Das Problem des
Auferstehungsleibes verschärft sich in der Perspektive
des origeneischen Systems insbesondere im Blick auf den
auferstandenen
Christus selbst, dessen Seele mit dem Auferstehungsleib bei
der
Rückkehr zu Gott und der
Einswerdung mit
dem Vater etwas Neues und eigentlich Fremdes, weil mit dem Abfall
Verbundenes mitbringt.
Abgesehen also von diesem
Problem der leiblichen Auferstehung wäre die Reinkarnation in Origenes' System voll integrierbar. Dies soll im
folgenden anhand verschiedener Beispiele gezeigt
werden:
(1.) In
PA III 2,1 (S. 297)
sagt Origenes, dass das
Körperliche
»aus
Nichts in zeitlichen Abständen
geschaffen wurde«. Was er
sich dabei
genauer vorstellt, macht er in PA IV 4,8 (S. 813) deutlich: Das körperliche
Sein sei nicht ursprünglich, sondern trete in zeitlichen
Abständen
ins Dasein
»wegen gewisser Zwischenfälle bei den
Vernunftwesen, die (dann) der Körper bedürfen,
und dass diese Körper sich wieder ins
Nichtsein auflösen, wenn die Besserung (der Vernunftwesen)
vollendet
ist; und dieses geschieht immerfort.«
Die Vernunftwesen
bedurften der Körper als Engel, Mensch usw., weil sie sich durch Missbrauch des freien Willes von
Gott entfernt hatten. Wenn Origenes für das körperliche Sein der Vernunftwesen
zeitliche Abstände ins Auge fasst und von einer Mehrzahl von
Körpern spricht,
so scheint der Gedanke der Reinkarnation vorzuliegen. Doch
dachte Origenes wohl eher an die verschiedenen Körper der
geistigen und der
inkarnierten Wesen, die je nach Verschulden zu verschiedenen Zeiten Körper
erhielten und je nach ihrer Besserung und ihrem geistigen Aufstieg der Körper nicht mehr bedurften.
Hieronymus und Justinian
haben uns diese Ausführungen von Origenes überliefert, während Rufin sie nicht nur weglässt, sondern auch
noch den origeneischen Gedanken der Körperlosigkeit
korrigiert. 203 Er stößt sich offenbar an den
origeneischen Formulierungen, gerade weil sie Reinkarnation
vorauszusetzen scheinen oder zumindest mit Reinkarnation
völlig kompatibel sind. Wirb müssen davon ausgehen, dass
Rufin das
Erscheinungsbild der Lehre von Origenes an all den Stellen
tunlichst
verändert hat, an welchen eine deutliche Nähe zur
Reinkarnation erkennbar werden
könnte. Die Zeugnisse von Justinian und vor allem
von Hieronymus, der ja Origenes übersetzt hat und noch einen
relativ
ursprünglichen Text von Peri Archon besessen haben musste,
sind daher eine wichtige Korrektur
des von Rufin vermittelten Bildes von Origenes' Lehre.
Origenes selbst schließt
den obigen Gedanken ab mit der Bemerkung: »Wie
schwierig aber und nahezu unmöglich dies für unsere
Erkenntnis ist, haben wir oben im
einzelnen gezeigt.«204 Auch hier macht
Origenes selbst einen Vorbehalt
gegenüber dem Gedanken der naheliegenden Reinkarnation,
welcher zeigt, dass er manchmal durch die innere Logik seines Systems
förmlich dazu gedrängt wurde, Reinkarnationsgedanken zu formulieren.205 Doch hinderte ihn das kirchliche
Kerygma (die Verkündigung), insbesondere
die Lehre von der leiblichen Auferstehung daran, die Wiederverkörperung mit voller Überzeugung
zu lehren.
(2.) In PA IV 3,10 (S.
759f) spricht Origenes zunächst von Menschenseelen,
welche nach dem Tod zum Aufenthalt im »Hades« verurteilt
wurden. Doch müssen sie dort nicht auf ewig bleiben. Wenn
sie ihre Gesinnung
bessern, können sie ihm auch wieder entrinnen
und dem letzten
Ziel, der Apokatastasis, entgegengehen. Dabei ist es
möglich, dass die den Hades Verlassenden auf Erden
inkarniert werden,
»wenn das Urteil
lautet, dass sie (den Aufenthalt in) den verschiedenen,
teils besseren, teils schlechteren Behausungen in
dieser ganzen irdischen Stätte und bei solchen und solchen
Eltern verdient haben.«
Wichtig ist, dass
Origenes an dieser Stelle nicht von aus der geistigen
Welt in den Hades gelangten Seelen spricht, sondern
ausdrücklich von
Menschenseelen. Auch ist
vom origeneischen System her völlig klar,
dass nicht nur die aus der geistigen Welt stammenden
Seelen im Hades
diesen wieder verlassen
können, sondern auch die Menschenseelen,
welche in ihn gelangt sind. Wenn diese letzteren aber
wieder inkarniert
werden, so liegt eindeutig
Reinkarnation vor. Das wird bestätigt durch
Origenes' weitere
Aussage, dass es als Menschen verkörperte Seelen
gibt, die
einerseits aus »dem oberen Himmel in unsere Stätten« kommen,
und andererseits Seelen, die aus dem Hades kommend
»wieder
nach oben gelangen und einen menschlichen Leib
annehmen«. 206
Auch hier kürzt Rufin den
Gedanken von Origenes und ergänzt ihn
mit dem Hinweis auf
die Erlösung aus dem Hades, was in eine andere
Richtung als Reinkarnation
weist.207
Origenes selbst schwächt die
logische Konsequenz
seiner Überlegungen im Blick auf die Reinkarnation
allerdings ab durch
die Einschränkung, dass die im Hades Weilenden »vielleicht«
als Menschen
geboren werden.
Das hindert ihn aber nicht
daran, den aufgenommenen Faden weiterzuspinnen und die bedenkenswerte heilsgeschichtliche Möglichkeit ins Auge zu fassen,
dass durch die hier vorausgesetzte Reinkarnation ein Israelit, welcher
der Lehre des guten Hirten nicht folgt und nach dem Tod in den Hades gelangt, bei der erneuten
Menschwerdung »unter die Skythen fallen« und umgekehrt
»ein Ägypter nach Judäa hinabgelangen« kann.
208 Der Horizont
solcher Gedanken und Erkenntnisse würde meines Erachtens
jedweden Rassismus und Nationalismus sowie jede konfessionelle Einengung grundsätzlich überwinden.
(3.)
In seinem
Buch »Vom Gebet«
209 sieht Origenes die Möglichkeit, dass von Begierden gereinigte Menschenseelen in der
himmlischen Welt
den Begierden entweder »fernerhin überhaupt nicht mehr anheimfallen«, wenn sie sich
mit der vollkommen befreienden, göttlichen Vernunft in Christus
verbinden, oder nach »langen Zeitperioden«, wenn die um der Begierde willen
erduldeten Leiden vergessen sind, erneut dem Bösen anheimfallen. Falls
sich so die Gesinnung der Geistwesen auf Grund des
freien Willens vom Guten zum Schlechten hinwendet, um das Begehren
zum zweiten Mal in der irdischen Schöpfung erfüllt zu sehen, so
scheint hier Origenes eine erneute Inkarnation ins Auge zu fassen. Das
wäre eine Reinkarnation nach Äonen, möglicherweise in einer neuen Welt,
wobei das allerletzte Ziel bei ihm immer die Apokatastasis
panton ist, wenn Gott alles in allen sein wird.
(4.) Ein
Eckpfeiler der Theologie von Origenes ist die untrennbare Einheit der Güte
und Gerechtigkeit Gottes und damit auch der Einheit von Altem und
Neuem Testament?210 Damit kämpft er gegen die gnostische
Irrlehre, dass der Gott des Alten Testaments ein Gott der
strengen, unbarmherzigen
Gerechtigkeit ist und gelegentlich sogar böse Züge tragen kann,
während der von Jesus im Neuen Testament offenbarte Gott ein von jenem zu unterscheidender, anderer Gott
ist, ein Gott der Güte und Liebe. Für
Origenes ist der Gott Abrahams, Isaaks und Esaus derselbe
Gott wie der Vater Jesu Christi, der in vollkommener Weise sowohl
gerecht als auch gut ist. Die unterschiedlichen Schicksale der Menschen, die
oft viel Leid und scheinbare Ungerechtigkeit ertragen
müssen, sind also nicht auf Gottes vermeintliche
Ungerechtigkeit zurückzuführen, sondern haben ihre Ursachen im
fehlerhaften und
schuldhaften Verhalten der Vernunftwesen mit ihrem freien
Willen.
Wenn daher Menschen schon von
Geburt an begünstigt oder benachteiligt
sind, so hat dies nicht seine Ursache in dem vermeintlich willkürlichen
Ansehen der Person durch Gott, sondern in entsprechenden
Verdiensten oder Verschuldungen der menschlichen Seele,
welche der menschlichen Geburt vorausgehen, d.h. in der
Präexistenz. 211
Origenes verdeutlicht dies unter
anderem am Beispiel der Zwillinge Jakob und Esau in 1 Mose 25,22-26.212 zweitgeborene Jakob
wird, bevor er überhaupt auf die Welt kommt, dem
erstgeborenen Esau vorgezogen,
also scheinbar ungerecht bevorteilt. Weil dies aber nicht an
Gottes Willkür und
Ungerechtigkeit liegen kann, muss diese Bevorzugung
vorgeburtliche Ursachen in der Präexistenz der inkarnierten
Seele Jakobs und
bzw. Esaus haben.
»Wenn wir über die Seele des Esau nachforschen,
so können wir feststellen, dass er wegen früherer Sünden zu
einem
tieferstehenden Leben verurteilt wurde.«213
Gottes vollkommene
Güte und unerschütterliche Gerechtigkeit ist somit ein Unterpfand für
die Wahrheit und
Erkenntnis von der Präexistenz. Und Origenes fügt
hinzu, dass die Seele
»droben im Himmel gefehlt hat, bevor sie in den
Körper erniedrigt wurde.« (Ebd.)
Soweit ist nur von
Präexistenz und nicht von Reinkarnation die
Rede. Doch Origenes geht noch einen
Schritt weiter. Denn wenn man Jakob betrachtet, so muss man annehmen,
»dass er auf Grund von Verdiensten eines früheren
Lebens von Gott mit Recht geliebt wurde, so dass er auch
nach Verdienst dem Bruder vorgezogen wurde.« 214
Nun stellt sich die
Frage, ob Jakob diese Verdienste im Himmel erworben hat oder auf Erden in einem
früheren Menschenleben. Wenn er
sie im Himmel erworben hätte, dann wäre er durch sie erhöht
worden, d.h. als
Engel erhöht worden und gerade nicht zum Menschsein erniedrigt
worden.Folglich hat er sich die Verdienste in einem
früheren Menschenleben erworben, so dass er nun für Gott zu einem
geheiligten Gefäß
zu seiner Ehre wurde – und das bedeutet Reinkarnation.
Origenes macht dies noch
deutlicher, indem er Paulus nach 2 Tim 2,20f zitiert, wo der Apostel sagt: »So jemand sich reinigt [als Mensch
auf Erden, TM), der wird
[auf Erden, TM) ein geheiligtes Gefäß sein zu
Ehren, dem
Hausherrn bräunlich und zu allem guten Werk bereitet.«
Paulus wolle damit
»offenbar dartun, dass einer, der sich in diesem
Leben reinigt, zu
allem guten Werk bereitet sein wird im zukünftigen,
wer sich aber nicht reinigt, wird wegen der Menge
seines Schmutzes ein
Gefäß zu Unehren sein, d.h. ein unwürdiges.«215
Origenes spricht, wie
Paulus, explizit von der
Reinigung hier auf
Erden
»in diesem
Leben«, also nicht
vom Fegefeuer. Das für Origenes interessante
Ergebnis dieser
Reinigung aber sieht er im Unterschied zu Paulus
nicht so sehr in
diesem
Leben als vielmehr im
zukünftigen
Leben.
Meint er damit das
Leben in der
himmlischen Welt oder ein erneutes
Leben auf Erden? Origenes gibt selbst die Antwort: Es
gäbe
Vernunftwesen, die
sich selbst gereinigt haben oder
nicht [nämlich
hier auf
Erden, wie er
vorher zum Ausdruck brachte, TM1], »und dass
auf Grund davon ein jedes Gefäß nach dem Maß seiner
Reinheit oder Unreinheit den Ort, das Land oder die Stellung erhalten hat,
in der es
geboren werden und etwas in dieser Welt leisten
soll.«216 Das
Ergebnis der
Reinigung zu einem
würdigen Gefäß zu Gottes Ehren erscheint somit
in einem nächsten Leben
auf
Erden,
wie das Beispiel
Jakobs
zeigt. Diese
Überlegungen gehen
deutlich
von der Reinkarnation
aus.
Dagegen
könnte man
einwenden, dass Origenes
in PA III 1,23 (S.
555)
erneut von den
Gefäßen zu
Ehren
und Unehren spricht und
dort das Ergebnis der Reinigung oder
Verbesserung des Menschen als Gefäß
zur Ehre Gottes in
der »neuen
Schöpfung«
erblickt, was nicht auf ein
neues
Erdenleben, sondern
auf
eine Existenz nach
der Wiederkunft
Christi in einer neuen Welt bezogen zu sein scheint.
Dem ist aber nicht so,
denn mit der »neuen
Schöpfung« (kainä
ktisei) meint Origenes hier, wie er zuvor zum Ausdruck bringt, die Geburt in »einer
anderen Lebensperiode«, d.h.
ein neues Erdenleben in einer anderen
Zeit (heteron aiona), denn
ein jedes Menschenkind ist
ja, wenn es zur Welt kommt,
ein neues Geschöpf, auch wenn seine Seele präexistent ist. Origenes
sagt, was er meint, in diesem Zusammenhang ganz
deutlich: » ... so ist es doch möglich, dass jemand infolge irgendwelcher früherer
sittlicher Leistungen [auf Erden, wie wir oben sahen, TM)
jetzt (d.h.
in diesem Erdenleben, TMI ein Gefäß der Ehre wird.« Und
entsprechend kann einer, der
jetzt hier auf Erden als Mensch ein Gefäß der Ehre ist,
»wenn er
nicht tut, was einem
Gefäß der
Ehre entspricht und angemessen ist, für eine andere
Lebensperiode ein Gefäß der Unehre« werden
217, wie es Esau
widerfuhr, also auch wieder hier auf Erden.
Origenes bezieht den Ausdruck »Gefäß der Ehre (bzw. Unehre)«
wie Paulus auf das Leben als
Mensch. Auch von daher ist es klar, dass ein Mensch, der durch
»frühere sittliche Leistungen« ein Gefäß der Ehre wird oder
umgekehrt, dies »jetzt«, d.h. wiederum hier auf Erden wird, aber eben in einem neuen Leben.
Zur Stützung dieser
Interpretation lässt sich in PA IPI 1,21.22 (S. 547ff)
noch eine dritte, mit der obigen zusammenhängende Stelle bei Origenes anführen,
in welcher er, Paulus zitierend, auf die
»Gefäße der Ehre« bzw.
»Unehre« zu sprechen kommt. Er wehrt den Gedanken ab, dass der Schöpfer von vornherein solche Gefäße der
Ehre oder Unehre schafft, weil dies der
Gerechtigkeit Gottes widerspricht. Die Ursachen dafür, dass
Menschen als Gefäße der Ehre oder Unehre geboren werden,
müssten eben in den Geschöpfen selber gesucht werden, und
d.h. vor ihrer Geburt in einem
Menschenleben, in welchem sie sich gereinigt
haben oder es verabsäumt haben, sich zu reinigen.
Somit lässt sich
eindeutig nachweisen, dass auch in PA III 1,23 der Gedanke der
Reinkarnation zugrunde liegt. Und Origenes schränkt ihn hier auch nicht mit Vorbehalten ein. Der zugrunde
liegende Reinkarnationsgedanke ist
hier nur nicht so leicht zu erkennen, und darum
ist diese Stelle wohl auch gewissen Korrekturen durch Rufins
oder andere entgangen. Dies
zeigt, dass Origenes Reinkarnationsvorstellung en in seine Lehre durchaus einfließen lassen konnte,
weil sein System,
konsequent zu Ende gedacht, sie im Grunde auch fordert.
Gab es solche
reinkarnationshaltige Stellen vor Rufins Korrekturen noch häufiger? Dies kann
man nicht ausschließen. Dagegen spricht jedoch, dass Hieronymus für seine Übersetzung noch einen
vorrufinischen, griechischen
Text zur Verfügung hatte. Und wenn in diesem noch weitere Stellen gewesen
wären, die Reinkarnation bei Origenes nachgewiesen hätten, dann hätte Hieronymus als Gegner von Origenes
und der Reinkarnation
diese Stellen ganz sicher aufgegriffen und sie jedermann als Beweise für die Häresie des
Origenes vor Augen geführt. Doch die oben besprochenen reichten für Hieronymus und Theophilus
von Alexandrien,
dass sie bei Origenes die Seelenwanderungslehre witterten
bzw. ihm klar
Metempsychose (Wiedereinseelung) vorwarfen. 218 Und damit war
»der Reinkarnationsvorwurf in der Welt ... «
219
Ergebnis:
Origenes war, soweit wir heute noch
erkennen können, kein eigentlicher
Vertreter der Reinkarnationslehre, weil er sich wiederholt und deutlich gegen sie ausgesprochen hat."' Insbesondere lehnte er die Seelenwanderung (Verkörperung in Tieren oder
Pflanzen) ab. Doch sein System führte ihn
wegen der Möglichkeit von neuen Verkörperungen in neuen Weltzyklen
und der (nicht konsequenten) Transzendierung der
kirchlichen Eschatologie mit ihrem doppelten Ausgang der
Geschichte durch
die Lehre von der Apokatastasis und trotz des Festhaltens an einer modifizierten
leiblichen Auferstehung immer wieder zu der Konsequenz, reinkarnationsähnliche oder – kompatible
Gedanken zu formulieren. Angesichts der für
ihn unumstößlichen Vollkommenheit und Einheit von
Gottes Güte und Gerechtigkeit sind Leid und Unrecht in dieser Welt nur
durch vorgeburtliche Ursachen bei den unvollkommenen
Geschöpfen zu erklären. Insbesondere durch die biblisch und systematisch
profund begründete Lehre von der Präexistenz einerseits und der Apokatastasis andererseits hat Origenes eine
wichtige Tür zur Erkenntnis der
Reinkarnation aufgestoßen, durch welche er selbst aber nie mit voller Überzeugung geschritten zu sein
scheint.
Fußnoten
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141 Zu
seinem Leben und Wirken vgl. Eusebius von Caesarea,
Kirchengeschichte, Buch VI, 277ff;
Lietzmann,
Geschichte, Bd. II, 305ff; Kettler, Art. »Origenes<<, in:
RGG3, IV. Bd., Sp. 1692ff; v.
Campenhausen,
Kirchenväter, 43ff; Aland, Von Jesus, 120ff; Crouzel,
Origène; Sträuli, Origenes;
Küng, Denker, 45ff; Krüger, Ichgeburt, 37ff; Vogt, H.J.,
Origenes (in: Gerlings, Theologen, 43ff).
142 Küng, a.a.O., 54.
143 Ders.,
ebd.; nach dem Urteil Lietzmanns (a.a.O., 305) war Origenes
»der gewaltigste Lehrer,
den die östliche
Kirche kennt.« Ähnlich
Crouzel: >>II na de pairs qu'Augustin et Thomas d'Aquin
et reste encore le plus grand
theologien quait produit l´Eglise d'Orient.<< (A.a.O.,
7)
144 Preuschen
urteilt:
»Die Kirche seiner Zeit war noch nicht reif,
als Ganzes dieses Erbe zu übernehmen. So ist seine
Wissenschaft begraben worden und was von ihren Trümmern
erhalten blieb, hat genügt, Geschlechtern über Geschlechtern das Leben zu
fristen. Dreihundert Jahre
später aber hat es
pfäffische Dummheit fertiggebracht, den größten Sohn der
Kirche noch nachträglich aus ihren Büchern zu streichen.
Zur Strafe hat die griechische Theologie Mücken sehen und
Kamele verschlucken müssen. Was noch lebendig blieb von
ihrer Arbeit, das kam aus den Klöstern, und der
geistige Vater dieses Mönchtums war Origenes, der Origenes,
bei dessen
Name die Mönche schauderten.«
Zitiert in: Hieronymus: Briefe, 164, Anm. 3.
Vgl. zum Charakter
Kaiser Justitiars, der unzählige Morde auf dem Gewissen hat,
und den Machenschaften 543
und beim Konzil
553 Sigdell, Reinkarnation, 66ff, der überzeugend darauf
hinweist, dass die
Bannflüche gegen die origenistische Lehre
vor
Eröffnung des Konzils unter Druck unterschrieben
werden mussten und daher kirchenrechtlich nicht als
Konzilsbeschlüsse gelten können (ders., a.a.O., 71).
145 Vgl. H. Düng, Denker, 48. Vgl. auch
Berner, Origenes, 84f, und Krüger, Ichgeburt, 39; ferner
Fehle, Wie viele Male, 67ff.
146 HZ = Helmut
Zander: Geschichte der Seelenwanderung in Europa (Darmstadt
1999), 137.
147 HZ,
137-145.
148 Lies,
Origenes 169.
149 HZ, 137f,
nennt MacGregor, Bertholet, Bauer, Heimahn und Krüger. Auch
Sträuli, Origenes, betrachtet den Alexandriner als
Reinkarnationsvertreter. Vorsichtiger Sigdell,
Reinkarnation, 57ff.
150 Vgl. Vogt,
Origenes (in: Gerlings, Theologen, 54).
151 HZ, S. 138.
152 Z.B. in
Origenes, Römerbriefkommentar, Bd. III, 164.
153 Vgl. Des
Origenes acht Bücher gegen Celsus, I. Teil, IV 83 (S. 407).
154 HZ, 142; vgl.
auch 141.
155 Origenes, PA,
1 8,4; S. 261.
156 Aus dem
Textzusammenhang ergibt sich eindeutig, dass Origenes hier
nicht von der
präexistenten Seele, sondern ausdrücklich [Vgl. a.a.O., S.
261 ] von der Menschenseele spricht.
157 PA 1 8,4; S.
263/265.
158 Vgl. PA 111,
Vorrede Rufins, 459ff. Zu Rufins Übersetzungsweise, die
gelegentlich eher einer Paraphrase gleicht, vgl. PA, 36ff. –
Rufins Übersetzung bietet uns heute den einzigen,
einigermaßen vollständigen Text von Origenes Peri Archon.
Insofern müssen wir noch froh sein, dass wir diesen Text
überhaupt haben. Denn die Übersetzung durch Hieronymus, der
sich, wie oben bemerkt, aus einem Origenes-Anhänger in einen
Gegner gewandelt hatte, ist – bis auf Exzerpte daraus –
verlorengegangen. Vom griechischen Text besitzen wir –
abgesehen von den wenigen Zitaten Justitiars – nur
eine Sammlung von ausgewählten Stellen, die so genannte
Philokalie, welche von den Origenes-Verehrern Basilius dem
Großen und Gregor von Nazianz hergestellt wurde und etwa ein
Siebtel des Gesamttextes von Peri Archon umfasst.
159 PA, 263, Anm.
15.
160 PA, 1 8,4; 265.
161 Vgl. HZ, 140.
162 Origenes, Römerbriefkommentar, Bd. 111, 263.
163 Des Origenes acht Bücher Gegen Celsus, I. Teil, 1 20 ( S. 28). Vgl. auch II. Teil, VIII 30
(S. 334).
164 Origenes, Römerbriefkommentar, 63.
165 Origenes, Matthäus,1.Teil, X 20, S. 88.
166 A.a.O., 240.
167 A.a.O., 240f. Vgl. 2 Kor 4,18; Mt 24,35; Mt 13,39; 1 Kor
7,31; Ps 101,27.
168 A.a.O., 241. Vgl. Lkw 18,8; Mt 24,37f.
169 Lies, Origenes, 184.
170 Lies, Origenes, 81.
171 Vgl. Lies, ebd. und 140 ff; 155; 187.
172 Krüger, Ichgeburt z.B., der für Reinkarnation eintritt,
sieht auch (a.a.O., 103), dass Origenes sich deutlich gegen
Reinkarnation ausgesprochen hat. Trotzdem stellt er – aus erkenntisleitendem Interesse
– diese Aussagen auf die Seite und macht Origenes zu einem
Lehrer der Wiederverkörperung. Er betont auch gegen
Origenes' Intention die Geistesleiblichkeit, welche er als
wesentlichen Ausdruck geistiger Individualität am Ziel des
Heilsweges betrachtet (a.a.O., 130). Dabei geht es meines
Erachtens Origenes eher um die Überwindung der
Körperlichkeit, um am Ende wieder den Anfangszustand der
Vernunftwesen zu erreichen und gerade das, was durch den
Fall zur individuellen Seele führte, durch die
Wiederherstellung der Gottesebenbildlichkeit auf dem Wege
der Gleichgestaltung, Vergöttlichung und Einswerdung der
Seele mit Gott hinter sich zu lassen.
Die Entfaltung der ich bewussten Persönlichkeit kann
unvermittelt zu egoistischer Selbstverwirklichung
verkommen und ist weder bei Origenes noch im Christentum
allgemein, noch gar bei Jesus
das zentrale Anliegen; vielmehr: ››wer sich selbst
verleugnet«, »wer sein Leben verliert« um Christi
willen, in der Liebe zu Gott und zum Nächsten, der wird es
retten.« (Mk 8,34f) Paulus könnte
auch vom Mit-Christus-Sterben sprechen, um mit ihm
aufzuerstehen zu dem wahren Leben (Röm
6,3ff).
173 Erst von hieraus versteht man, wie ein
Universalgelehrter wie Origenes sich der ungeheuren Mühe
unterziehen konnte, ein etwa 50 Bände umfassendes Riesenwerk
wie die Hexapla zu
schaffen, mit ihren sechs Spalten des hebräischen Textes des
Alten Testamentes, der griechischen Umschrift und
daneben außer der Septuaginta noch drei weiteren
griechischen Übersetzungen,
nur um den Text des Alten Testamentes in möglichster
Zuverlässigkeit auslegen
zu
können.
174 Lies, a.a.O., 180. Ähnlich der große Origenes-Forscher
Crouzel. Vgl. Berner, Origenes, 8off.
175 Vgl. PA, 83
176 PA 12; 85
177 Vgl. Lies, Origene, 115ff und 156ff.
178 Des Origene acht Bücher gegen Celsus, IPI.
Bd., VIA 32, S. 248.
179 Vgl. dazu Crouzel, Origène, 31off.
180 Crouzel: » ... une
certaine enveloppe corporeile exprimée, suivant une notion
méso- et nebplatonicienne, comme le >véhicule< (ochèma) de
I'ame. . . >> (Origène, 311) Auch dieses Übergangsgewand
scheint mir eine in der Bibel nicht begründbare Hypothese,
um nicht zu sagen eine mittel- und neuplatonische
Spekulation zu sein.
181 Harnack, Dogmengeschichte, 694.
182 Vgl. Till Mohr: Kehrtet
zurück ihr Menschenkinder Kap. BI, 3.2.3f.
183 Vgl. Harnack, a.a.O., 693f, Crouzel, a.a.O., 321 und
327.
184 Vgl. dazu MacGregor, Reinkarnation, Bd. I, 8ff; Lies,
Origenes, 192; Bauer, Wiedergeburt, 85ff
; v. Harnack, Dogmengeschichte, 2. Bd.,
17ff. Die zum 5. Konzil führenden skandalösen politischen
und kirchlichen Intrigen und Machenschaften um Kaiser
Justinian, der sich als Oberhaupt
der Kirche und maßgebender Kirchenlehrer aufspielte
kommentiert Harnack a.a.O..420: "Origenes war aufs Neue
verurteilt; ihm folgte
nun die antiochenische Theologie. Die Kirche
schaffte sich nun erst vollkommen eine gefälschte Tradition,
indem sie unter dem Patronat
Justinian's ihre wahren
Väter als Häretiker ausschloss. ...Justinian, der die Schule
von Athen geschlossen hat, er hat auch
die
Schulen von Alexandrien und Antiochien
geschlossen! Er ist der Diokletian der theologischen Wissenschaft und der
Konstantin der Scholastik!«
Die neun
Anathematismen (die mit
dem Bannfluch bedrohten Lehren) von 543 und die fünfzehn von
553 sind abgedruckt in PA, 822ff.
185 Vgl. PA 15 und Lies, a.a.O., 68ff.
186 Antiketzerisch.
187 Im Sinne
der Rechtfertigung Gottes angesichts des Bösen in der Welt.
188 Vogt, Origenes (in: Gerlings, Theologen, 57).
189 PA BI 8,3; 5.393
190 Origenes: »Dass in allen Tieren Seelen sind, auch in
den Wassertieren,
wird,
meine ich, von
niemand bestritten.<<, PA BI 8,1; S. 381.
191 PA 1 1,5; S. 109. Vgl. auch PA 1 5.3; S. 203.
192 PA IPI, 1; S. 463ff und 199, Anm. 10.-
Was von Origenes selbst stammt, bezeichne ich als
origeneischen im Unterschied zu origenistischen Gedanken
oder Lehren der Schüler und Anhänger
von Origenes, die, wie man an Rufins Übersetzung von Peri
Archon sehen kann, oft schon eine Interpretation und Veränderung der origeneischen Lehre
darstellen, in der Regel auch keine Weiterentwicklung sind, sondern nur als eine
Zurückbildung und Verkümmerung betrachtet werden können.
193 Dies geht aus verschiedenen, auch griechisch erhaltenen,
also nicht von Rufin übersetzten Schriften hervor. Vgl.
Lies, Origenes, 166.
194 Vgl. Tertullians Lehre von der recapitulatio. Dazu Eva
Schulz-Flügel, Tertullians (in: Gerlings, Theologen 18).
195 Vogt,
Art. Origenes», 466f.
196 Ders.,
a.a.O., 467.
197 PA 1
7,1; S. 233; BI 3,2; S. 301.
198 PA 1 6,2; S. 217/219.
199 PA 1 1,8; S. 119f.
200 PA 11
3,2; S. 301 und 311; III 11,7; S. 457. Vgl. Scheffczyk,
Reinkarnationsgedanke, 29f.
201 Vgl.
Lies, Origenes, 159.
202 PA IPI 6,9; S. 667.
203 PA, 813,
Anm. 65.
204 PA IV 4,8; S. 813.
205 Vgl. auch Origenes, Gegen Kelsos, 132, S. 57, wo Origenes in der
Auseinandersetzung mit Celsus auf die Inkarnation der Seelen
»nach gewissen verborgenen Gesetzen« zu sprechen kommt
und bemerkt: Ach sage das
aber jetzt im Sinne
des Pythagoras,
Plato und Empedokles, die Celsus oft
angeführt
hat.« Wenn Origenes hier die großen Vertreter der
Seelenwanderung anführt,
dann ist klar, dass er hier nicht im Sinne der Präexistenz
spricht, sondern von Reinkarnation und ihren »verborgenen Gesetzen«. Diese innere Freiheit besaß Origenes.
206 PA IV
3,10; S. 761. Unterstreichung im Text von AM.
207 Vgl. PA, S. 759, Anm. 25.
208 PA IV 3,10, S. 759f.
209 Koetschau (Hrsg.), Vom Gebet, BI 14 (S. 129f.).
210 Vgl. PA 115, S. 341ff.
211 Dieser für Origenes sehr wichtige Gedanke wird von Brox völlig
übersehen, wenn er meint, Origenes sei damit überhaupt nicht
einverstanden, wenn man lehrt, dass eine Seele aus der
Zeit vor ihrer Geburt
eine Schuld mitbringt, die sie in dieser Welt abzubüßen
habe. Vgl. Brox, Debatte, 429.
212 PA 1 7,4; S. 239/241. Wie Brox a.a.O., 429
Texten aus Peri Archon, dem Hauptwerk von Origenes, jede
Bedeutung absprechen kann, weil sie von dem »jungen
Origenes« stammen, ist mir nicht verständlich. Dann müsste
man entsprechend auch z.B. für das Thomas-Mann-Verständnis
allen Texten aus seinem genialen Frühwerk »Buddenbrooks jede
Bedeutung absprechen.
213 PA 11
8,3; S. 395.
214 PA 11 9,7; S. 415.
215
PA II 9,8; S. 417/419.
216 PA BI 9,8; S. 417/419. Unterstreichung von TM.
217 PAG 111 1,23; S. 555.
218 PA I 8, Anhang I, Nr. 7;
S. 279. Vgl auch HZ,135
219 HZ, ebd.
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