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dieser Website mit der freundl. Genehmigung
der Autorin
© Dorit Gisbert
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes und der Übersetzung
vorbehalten
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Stefan von
Jankovich
Die
Autorin Dorit Gisbert zusammen mit Stefan von Jankowich
während eines Seminars im Haus Lichtquell Todmoos 2001
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Es freut mich, dass mit
dieser Broschüre ein echtes Selbsterlebnis dargestellt und veröffentlicht
wurde. Viele Menschen haben Nah-Tod-Erlebnisse, die für die Betreffenden eine
überwältigende Erfahrung aus anderen, nicht materiellen Raum-Zeit
Energiefeldern bedeuten.
Die Wiederbelebten sind
von der Echtheit der Erlebnisse überzeugt und wenn sie dann darüber berichten,
stoßen sie sofort auf Unverständnis, werden ausgelacht oder ignoriert, von
Menschen, die nur in irdischem Gedankengut eingebettet sind.
Deshalb ist es so begrüßenswert,
dass Frau D. Gisbert den Mut hat, ihre private Sphäre zu lüften und die
eigenen Impressionen im klinisch-toten-Zustand zu veröffentlichen. Hier liegt
ein Werk vor, das nicht darauf aus ist, mit wissenschaftlicher Methode die
Aussagen von anderen Wiederbelebten zu vergleichen und zu analysieren, sondern
Frau D.G. ist selbst die Quelle und was sie schreibt ist eine einfache direkte
und ehrliche Darstellung des Erlebten. Da sie bereits zweimal die erste Phase
des Todes erlebt hat, ist ihre Aussage doppelt gewichtig.
Ich selbst hatte 1964
ein Erlebnis im klinisch-toten-Zustand, welches mich durchgeschüttelt und in
mir eine Verwandlung vollzogen hat, ich bin ein anderer Mensch geworden. So kann
ich sehr gut verstehen, was Frau D.G. hier schreibt.
Erfreulich ist, dass der
Tod nicht als gefürchteter Sensenmann für den Wiederbelebten hervortritt,
sondern als Freund, als eine Situation der Erfüllung. Der Prozess der
Umwandlung, also der Transformation in höheren Sphären wird als Ziel des
Lebens betrachtet.
Ich wünsche von Herzen,
dass viele Menschen diese Broschüre lesen und sie dadurch die Urangst vor dem
Tode überwinden. Angst ist die größte Barriere der eigenen Entfaltung und
somit ein Hindernis auf dem Weg zum Ursprung, zu Gott.
In diesem Sinne empfehle
ich die Schrift von Frau D. G. als eine interessante und aufregende Lektüre.
Stefan von Jankovich
30.5.1991
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Es gibt viele Möglichkeiten
im Leben eines Menschen, die zu einem völligen Sinneswandel führen, die das
Leben in andere Bahnen lenken und den Menschen wesentlich werden lassen. Das
vermögen Schicksalsschläge, Krankheit oder Verlust von geliebten Menschen oder
der Heimat. All diese Lebenseinschnitte wirken verändernd.
Der eigene Tod, der
Wechsel von einer in eine uns bis dahin unbekannte Daseinsebene bewirken wohl
die tiefgreifenden Veränderung, wenn man nach der Reanimation zurückkehren
darf. Dann kann man das Leben nicht mehr in der Weise fortsetzen, wie man es
zuvor verlassen hat, auch wenn nur einige Minuten dazwischen lagen. Es ist
wahrhaftig eine Neugeburt. Man hat vom Baum der Erkenntnis gekostet.
Wenn solch ein Erlebnis
im Leben eines Menschen dann sogar zweimal eintritt, zu weit
auseinanderliegenden Zeiten und unterschiedlichen Reifegraden, dann empfindet
man das als Zwischenleben, vergleichbar mit einem Traum: "Es träumte
einer, er sei ein Schmetterling und als er erwachte wusste er nicht, war er ein
Mensch der geträumt hatte er sei ein Schmetterling oder ist er ein
Schmetterling, der träumt, er sei ein Mensch".
Die Konturen des bis
dahin gelebten Lebens verlieren ihre Tiefenzeichnung, viele einstige
Lebenssituationen verblassen und man empfindet sie nicht mehr als die
gravierenden Ereignisse, die sie einst für einen bedeutet hatten.
Lange Zeit bewegt man im
Innern diese Eintritte in eine sogenannte geistige Welt und vermag kaum darüber
zu reden. Das Erlebte muss ja auch erst selbst verarbeiten werden. Wenn das, was
man von "drüben" mitgebracht hat in einem hat Wachsen und Reifen dürfen,
so trägt das weitere Leben den Widerschein Gottes in sich. Eine Wertverlagerung
hat stattgefunden, ein neues Fundament für die Fortsetzung des irdischen Leben
ist entstanden. Ein Fundament, das man eines Tages, wenn der Wechsel entgültig
ist, mitnehmen wird.
Es gibt keine Ängste
mehr, eher eine stille und tiefe Freude in einem anderen Bewusstsein. Es kann
nichts passieren, überhaupt nichts, denn einen Tod gibt es nicht. Aus dieser
Gewissheit heraus erlebt man das Leben als eine Freiheit, selbst wenn es äußere
Zwänge gäbe.
Der Sinn der
durchgestandenen schweren Zeiten, die läuternden Krankheitsphasen und der wahre
Wert seines Lebens und jeder einzelnen Lebenssituation wird bewusst. Man erkennt
sich neu in der Beziehung zum Mitmenschen und ist bemüht, möglichst nicht mehr
in alte Verhaltensmuster hineinzufallen, so sie als störend in der
Weiterentwicklung empfunden werden. Ethische Wertvorstellungen sind einem eröffnet.
In den gegebenen Situationen sieht man eher sein Lernziel und versucht nicht
mehr, sich darum zu drücken oder es aufzuschieben. Man mogelt sich nicht mehr
so durch das Leben, verschließt sich nicht vor den Schwierigkeiten in der
Gewissheit, dass man alles, wirklich alles schaffen und bewältigen kann.
Was mich am meisten
beeindruckt hat, ist das Erkennen der Wahrheiten der Bibel. So der Mensch sich
nach diesen Leitlinien ausrichtet, hat er nichts zu fürchten und gelangt in die
völlige angstfreie Freiheit.
Noch eins ist mir in
diesem "Zustand" aufgefallen, dass die Verbindung in die sogenannte Geistige
Ebene viel näher ist, als man meint. Man kann sich ohne große Mühe von
der einen Ebene in die andere bewegen, da die Wirklichkeit nur eine Einheit
darstellt. Es liegt an der Verschlossenheit der Diesseitigen, nicht an der
anderen Seite, sie umgibt uns.
Gebet und Meditationen,
eine offene geistige Haltung und Ehrlichkeit zu sich selbst, ist die
Voraussetzung Wahrheit zu erfahren. Auf diesem Weg des Forschens wird erkannt,
dass man sich ja bereits in diesen Gefilden aufhält, wir es nur nicht gemerkt
haben.
Es ist als hätte sich
mit dem Sterbevorgang eine Tür geöffnet, durch die man sich zuvor noch selbst
ausgesperrt hatte. Nun ist es eines geworden, dieses "Hüben und Drüben".
Dasselbe gilt für das
Erkennen seiner selbst, wie auch unseres gegenüber. Die "sterbliche Hülle"
wird kaum noch wahrgenommen, aber glasklar, wie das Innere, die Welt der
Gedanken und der Gefühle vor einem liegt.
Allerdings erlebt man
dabei oft Überraschungen oder auch einen Schock, sowohl bei der eigenen
Innenschau, als auch bei dem Mitmenschen. Auch hierbei sind die beiden Ebenen zu
einer verschmolzen, es gibt kein Fassaden-Verstecken mehr. Alle Beschönigungen
oder die kleinen Notlügen sind entlarvt, sie sind zerplatzt wie Seifenblasen.
An die Stelle der Äußerlichkeiten
ist die Demut getreten und die Sinnfindung vom eigentlichen Wert unsere ewigen
Lebens. Die Relationen haben sich so gewandelt, dass man jetzt weiß, dass
dieses irdische Leben das Einüben für die Werte des "jenseitigen"
Lebens sind. Wenn dieses zur Richtschnur wird, dann sind auch die
Sterbeerlebnisse unbedeutend geworden, wie immer sie sich auch bei den
Reanimierten gezeigt haben. Das "Erkenne dich selbst" und dass jeder
Gedanke, jedes Wort und jede Tat seine Wirkung hat, für die wir auch
verantwortlich sind, gehören wohl zu den wichtigsten Erkenntnissen, die in die
sichtbare Welt mitgebracht werden können. Jetzt heißt es nicht mehr
"Nachdenken", sondern "Vordenken" um Erlebtes und Erlerntes
anzuwenden, zum Wohle des eigenen Lebens, wie auch zum Segen unserer
Mitmenschen.
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Siebzehn Jahre jung, mit
viel angeborenem Selbst- und Gottvertrauen, Mut, Wagemut und Freude am Risiko,
also Gefahren unterschätzend, schwamm ich über die Havel, so oft sich die
Gelegenheit dazu bot. Das konnte nur des nachts geschehen, da am Tage Schleppkähne
und die Wasserschutzpolizei die Fahrrinne befuhren und Wassersportler und
Schwimmer verjagten.
An diesem Abend, als die
eingestellte Schifffahrt und die Dunkelheit es ermöglichten, schwamm ich in
Begleitung meiner Freundin A. etwa in der Höhe des Kaiser-Wilhelm-Turmes von
der Grunewaldseite zum anderen Ufer zwischen Gatow und Kladow gelegen hinüber.
Nach einer Verschnaufpause, die wegen eines aufkommenden Gewitters kürzer als
sonst ausfiel, schwammen wir wieder zurück. Durch die kriegsbedingte
Verdunkelung und eine dichter werdende Wolkendecke gab es kaum Orientierungsmöglichkeiten,
so daß wir keine genaue Richtung einhalten konnten. Außerdem wurde wir durch
die Strömung immer ein Stück abgetrieben. A. war dem Ufer anscheinend schon
sehr nah, als sie merkte, daß von mir jede Spur fehlte. Sie rief um Hilfe. Ein
junger Mann, dessen Segelboot im Schilf geankert hatte, wurde dann zum rettenden
Engel.
Nichts spürte ich,
keine Angst, keinen Kräfteschwund, keine Luftnot, kein Wasserschlucken, keinen
Kampf ums Überleben, nichts. Es war wie das Durchtauchen eines
Brunnenschachtes, an dessen Ende sich eine Wiese befand. Blumen, Blüten, Farben
von nie erlebter Vielfalt und Pracht. Töne, die einer himmlischen Musik glichen
und das Gefühl einer nie erlebten Glückseligkeit auslösten. Über allem ein
Himmel aus blendfreiem, unvorstellbarem Licht, wie man es nicht einmal nach
einer Schilderung erahnen kann. Ich versuchte meinen Arm unter den Kopf zu
legen, als ich mich liegend auf dieser Wiese fand, aber es schien dafür keinen
Arm zu geben. Es beunruhigte mich nicht im mindesten, denn ich fühlte mich so
euphorisch, dass alles andere dahinter zurücktrat.
Sehr mühevoll muss sich
der junge Mann um mich gekümmert haben, nicht nur, dass er mich in der dunklen
Nacht fand und herausangelte, sondern es ihm auch gelang, all das Wasser wieder
aus mir herauszubekommen. Als sich das Bewusstsein wieder einstellte, war ich so
maßlos geschockt darüber, dass Ich aus der größten je erlebten Seligkeit
herausgeholt wurde, daß ich nicht fähig war, ihm zu danken. Ich gab ihm eine
Ohrfeige, sprang von Bord und schwamm die wenigen Meter zum Ufer, wo rufend
meine Freundin auf mich wartete.
Später tat mir diese
Undankbarkeit sehr leid. Wenn ihn mein Dank auf diesem Weg erreichen könnte, würde
ich darüber sehr froh sein.
Lange Zeit konnte ich über
dieses Erleben mit niemandem sprechen. Aber immer wieder erlebte ich es von
neuem in mir: dieses Licht, das keinen Schatten wirft, die beseligende Musik,
die keine Melodie im eigentlichen Sinn war, sondern einfach nur Schwingungen,
die die Seele ansprachen und zu diesem euphorischen Zustand führten. Diese
Farben, die mehr waren, als wir auf Erden kennen und wofür es keine
Bezeichnungen gibt. Diese Leichtigkeit, Freude und auch gleichzeitig tiefe
Demut, gepaart mit einem Gottvertrauen, wie ich es weder zuvor noch später in
dieser Intensität habe erfahren können. Kein Gefühl für Zeit, für das, was
einem geschehen war. Es war ein absolutes DA-SEIN.
Oft wurde ich an das Märchen
von Frau Holle erinnert. Ob es auf diese Weise entstand, das ein Mensch ertrank
und von dem Brunnenschachterlebnis berichtete und von der Wiese, auf der er sich
befand?
Erst ein Jahr später
konnte ich zum ersten Mal mit meiner Mutter darüber sprechen. In meinem Inneren
aber erlebte ich es immer und immer wieder.
Wenn man nun in seinem
Leben auch noch ein zweites Erlebnis dieser Art hat, so ist es noch bedeutsamer,
weil viele neue Aspekte hinzukommen und altersbedingt ein reicher
Erfahrungsschatz sich angesammelt hat. Beides wirft Vergleichsfragen auf.
So möchte ich
versuchen, diesen zweiten Heimgang zu schildern, was viel schwerer ist, als das
relativ einfache Erlebnis, das mir durch das Ertrinken zuteil wurde. Dazu kommt,
daß es erst fast ein Jahr zurückliegt und immer noch recht frisch und
unverarbeitet in mir liegt.
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Schon einige Jahre schob
ich eine Schilddrüsenoperation vor mir her, bis sie so zwingend wurde, dass ich
einen Termin festsetzen ließ. Es gab keine Verpflichtungen mehr, da mein Mann
ein halbes Jahr zuvor heimgegangen war. Es gelang auch, den für mich
biorythmisch günstigsten Tag für den operativen Eingriff zu bekommen. Außerdem
war ich seit Jahren auf dem geistig-religiösen Weg, was mir ein großes
Gottvertrauen gab und mich gelassen den Dingen entgegensehen ließ, die auf mich
zukamen. Durch die erst mit dem fünfzigsten Lebensjahr begonnenen
medizinisch-therapeutischen Ausbildungen besaß ich einen genügenden Einblick
und konnte so manches zuvor mit den Ärzten abklären. Ein Freundeskreis hatte
mir zu der Zeit auch Gebetshilfe zugesagt. So war alles bestens vorbereitet.
Getragen von eigenen Gebeten um gutes Gelingen, begab ich mich vertrauensvoll in
die Hände der Ärzte.
Die Narkose hatte
bereits zu wirken begonnen, als ich mich neben meinem liegenden Körper befand
und auf ihn schauen konnte. Es ist nichts ungewöhnliches, daß man sich im
Zustand der Vollnarkose aus seinem Körper herausbewegen kann. Ich vernahm noch
die Stimmen im Operationsraum, die mich aber nicht interessierten und die wie
eine Geräuschkulisse an mir vorbeiliefen.
Ich verließ den Raum
und befand mich in einem mir fremd erscheinenden nahegelegenen Wald wieder. Ein
sehr großes schmiedeeisernes Gitter, das einstmals sehr kunstvoll angefertigt
worden, jetzt aber verrostet und mit abblätternder Farbe versehen war,
versperrte den weiteren Weg, der ohnehin auf der anderen Seite nicht
weiterzugehen schien. Ein kleines Törchen innerhalb des großen Tores ließ
sich schwer und knarrend öffnen, und ich ging nun in den Wald hinein. Ich
befand mich in einem engen und finsteren Tal, ohne auch nur eine Spur von einem
Weg zu finden. Mühsam stieg ich über Steine und Geröll. Kantig, schmutzig weiß,
wie ausgeblichen, lagen sie überall herum. Dazwischen ergossen sich die
ebenfalls
schmutzigen Wasser der
Regenschauer, die immer wieder heftig hernieder gingen. Dazu ging ein eisiger
Wind durch die Talschlucht, in der es keine Möglichkeit des Untersteilens gab.
Nun erkannte ich
Geistwesen, so als würden sie noch leben. Sie unterschieden sich nur dadurch,
dass sie beim Vorwärtsbewegen nicht ihre Füße zu benutzen schienen, sondern
sich schwebend bewegten, während ich über die Steine steigen musste. Jetzt
wurde mir klar, warum es keines Weges bedurfte.
Es entwickelten sich
Gespräche, die jedoch wortlos erfolgten. Auf meine gedachten Fragen kamen
bereits die inspirierten Antworten. Von einem Kind, dass einen misshandelten
kleinen Hund auf dem Arm trug, den es "Leid" nannte, wurde ich eine
Wegstrecke begleitet und darüber aufgeklärt, wo ich mich befand. Es war das
Tal der Tränen. Was aus den dunklen Wolken herabregnete, waren Tränen der
Trauer, der Verzweiflung, der Reue und der Aufarbeitung alter Schuld durch den
Übergang von einer in die andere Daseinsebene und dienten der Läuterung. Das
Heulen des Sturmes, der durch das enge Tal tobte, schien das Stöhnen und
Seufzen, das Fluchen und Schreien der so verzweifelten Seelen zu überdecken.
Immer wieder ging ein Sturzregen, begleitet von eisiger Kälte auf dieses Tal
hernieder. Die resignierenden Wesenheiten schienen keine Lust und keine Kraft zu
haben, sich einen Wetterschutz zu bauen, weder für sich, noch für die anderen
Anwesenden. Es gab keine gegenseitige Hilfe. Körperlich spürte ich diese
lieblose und egoistische Atmosphäre, aus der heraus sich diese Seelen wohl noch
entwickeln müssen. Das fröhlichste Wesen war dieses kleine Mädchen, das
seinen Hund unterm Arm trug und mich an der Hand hielt. Wir blieben vor einem
Mann stehen, der auf dem nassen Boden hockte, einen riesigen Schal um den Hals
trug und bitterlich weinte. Wir ließen uns vor ihm nieder. Das Kind streichelte
sein Gesicht und fuhr ihm über das schüttere Haar, während ich meine linke in
seine rechte Hand legte und nun die Tränen auf dem Handrücken spürte. Wir
erfuhren seine Geschichte und ohne mein Zutun begann es aus mir heraus zu beten.
Als wir ihn verließen, bedankte er sich mit einem Lächeln. Mir wurde klar, wie
wichtig die Gebete für die "Heimgegangenen" sind. Sie sind die Liebe,
die ihnen hier fehlt, weil sie noch mit der lieblosen irdischen Welt verhaftet
sind. Mir ging durch den Sinn, wie lieblos und gleichgültig wir doch auf Erden
mit unseren Mitmenschen umgehen, und ich fühlte mich mitschuldig. Tränen
traten mir in die Augen und mein Herz wurde schwer.
Der nächste, den wir
trafen und bei dem wir uns ein wenig aufhielten, war ein Mann, der ein Sanitäter
zu sein schien. Zu ihm sprang das Kinderseelchen gleich hin und hielt ihm den
Hund entgegen. Aus einem Koffer heraus versorgte er nun die Wunden des Tieres.
Von ihm erfuhr ich, dass mit dem Ablegen des Körpers nicht alle Schäden sofort
verschwunden sind. Handelt es sich um seelische Verletzungen, so bleiben sie bis
zur Vergebung oder Auflösung in Liebe erhalten und müssen "drüben"
auch erst versorgt werden. So waren die Misshandlungen an dem Hund noch so lange
sichtbar, bis der Verursacher durch die Reue Heilung bringen kann.
Das war bei dem Kind
auch der Fall. Sein für mich sichtbarer Körper wies Misshandlungen auf, die
auch von diesem Mann behandelt wurden. Ich erfuhr, dass es viele Arten der
Heilung gibt, auch eine Schlaf- und Musiktherapie.
Es fiel mir sowieso auf,
dass man aus allen möglichen Richtungen singen hörte. Die Gesänge erinnerten
mich an die Lieder, die ich früher manchmal von der Heilsarmee gehört hatte.
Eine Schar scheinbar erlöster
Seelen schwebte singend durch dieses finstere Tal. Allen voran eine sehr lichte
und weißgekleidete Gestalt, die durch eine Handbewegung dem einen oder anderen
zuwinkte sich der Gruppe anzuschließen, um singend dieses Tal zu verlassen.
Einige folgten dieser Aufforderung, andere blieben ungerührt sitzen. Auch wir
beiden erhielten die Aufforderung, der ich jedoch noch nicht folgen konnte, denn
irgendetwas fesselte mich an den hier erlebten Dingen, von denen ich so viel
lernen konnte.
Da waren die bleichen
und scharfkantigen Steine, auf denen Begriffe zu stehen schienen. Vielleicht sah
ich auch durch sie hindurch und erkannte es als eine "Versteinerung"
von Gefühlen und Taten. Ich sah "Angst", "Frevel",
"Bosheit", "Mord", "Lieblosigkeit" ,"Härte",
"Macht", "Betrug", und vieles mehr. Waren es Steine, die von
den Herzen der Wesenheiten abgefallen waren? Oder die man aufarbeiten und durch
Liebe ersetzen konnte? Oder waren es "Gedankensteine", steingewordene
Gedanken, die daran erinnern sollten, was man noch vergeben und aufarbeiten
muss?
Überall an den Hängen
sah ich einzelne oder Gruppen von Wesenheiten sitzen. Die Umgebung wirkte sehr
kahl. Es gab weder Gras noch Büsche, noch irgendetwas was Farbe enthielt. Alles
war grau und trostlos, wie die Gesichter der Wesen. Nur das Kind wirkte sehr fröhlich
und sehr lebendig.
Etwas anderes fiel mir
auch noch auf. Es gab keine Schatten. Es gab auch keine eigentliche Lichtquelle,
wie man es sonst von der Erde gewohnt ist, dass irgendwo hinter der Wolkendecke
doch noch die Sonne zu vermuten ist und man durch den Stand auf die Uhrzeit
schließen kann. Ich wusste nicht einmal, ob es nun Tag oder Nacht war. Eigentümlich.
Müde war ich aber auch nicht. So stieg ich weiter.
Die tiefhängenden
Wolken wurden mit den Berghängen eins, und es herrschte eine Novemberstimmung.
Wir kamen an einem
"Täter" vorbei, der noch immer, wer1 weiß wie lange schon und noch,
seinem einstigen "Opfer" gegenüber saß, nur getrennt durch den Bach
der Tränen. Immer wieder griff er nach einem neben ihm liegenden Stein und
schien ihn auf sein "Opfer" werfen zu wollen. Und wenn das geschah, so
tropfte aus der klaffenden Kopfwunde frisches Blut heraus. So viel Hass hatte
ich noch nie erlebt. Sie schienen sich ununterbrochen anzubrüllen. Ich musste
meinen Weg zwischen diesen Beiden hindurch nehmen. Es war, als würde ich von
Spießen durchbohrt, und ich empfand den Zorn der beiden Kontrahenten wie eisige
Kälte. Es war schrecklich solches mit ansehen zu müssen und sich zugleich
hilflos zu fühlen. Wie sollte ich mich hier verhalten? Keiner konnte dem
anderen vergeben, keiner nachgeben. Es war die totale Lieblosigkeit zweier
Wesenheiten, die nur an Mord und Rache dachten. Welch eine Armut schaute mich
hier an. Sollte ich nun für diese beiden Wesenheiten beten oder die Flucht
ergreifen? Ich tat letzteres, obwohl ich mich dabei schuldig fühlte. Wie weit
sind wir noch von dem Gebot der Nächstenliebe entfernt. Das wurde mir hier
bewusst.
Dann fanden wir eine
Frau, bei der wir uns ein wenig aufhielten. Das Kind machte mir klar, dass es
hier ein Weilchen bleiben würde, und man berichtete mir die Zusammenhänge. Vor
dem Scheiden gelang es mir, für diese Beiden zu beten. Warum ich es tat, wurde
mir nicht bewusst.
Auf dem weiteren Weg
begegnete ich einem Mann im Gewand eines Geistlichen. Als ich vor ihm stand fiel
mir auf, dass mir sehr viel Wärme entgegenschlug, obwohl ihm dicke Tränen über
das Gesicht rannen. Ich vermochte in ihn hineinzusehen und erkannte seine
Lebensgeschichte, die ihn einst zu einem "Täter" hatte werden lassen.
Man kann es auch als Denunziation, Machthunger und Mitläufertum bezeichnen,
dessen er sich einst schuldig gemacht hatte und offen darüber Auskunft gab. Er
schien für mich von seiner Schuld frei geworden zu sein, lebte aber freiwillig
in dieser "Durchgangsebene", um die Wesenheiten mit Liebe zur Reue zu
veranlassen. Von ihm ging ein wahres Erziehungswerk aus, worüber er mir
berichtete. Vor allem, wie wichtig unsere Gebete für die Heimgegangenen sind.
Es sind dies die Kraftquellen, die sie brauchen, um ihre Schuld zu erkennen und
aufarbeiten zu können.
Ihm gegenüber saß eine
Gruppe von ehemaligen "Geistlichen", die einstmals seine Opfer waren.
Sie machten mir bewusst, dass ihre Anwesenheit in diesem Tal der Tränen
ebenfalls der Aufarbeitung alter Schuld diente. Ich verglich sie im Stillen mit
der Tätigkeit einer Mutter Theresa oder eines Albert Schweitzer. Von dieser
Gruppe erfuhr ich, wie wichtig das Gebet ist, sowohl für die noch Eingekörperten,
die dadurch auch an falschem Verhalten gehindert werden könnten und beschützt
seien, als auch für die Körperlosen, um zur Reue zu gelangen und sich in
dieser Ebene weiterentwickeln zu können. Es erleichtert ihnen diese Arbeit an
sich selbst durch die Liebeszuwendung erheblich. Wir alle haben die Zeit unseres
Erdendaseins nicht genug für diese Aufgabe genutzt, weil wir sie nicht als eine
solche erkennen konnten. In den meisten Seelen, denen ich hier begegnete, war
ein solcher Liebesmangel entstanden, daß sie sich dadurch in Schuld
verstrickten, ohne die Möglichkeit, die "Rechnung" wieder begleichen
zu können. Liebesmangel zieht unweigerlich Lieblosigkeit nach sich.
Körperlich spürte ich
in Anwesenheit dieser Gruppe von Mönchen und Geistlichen eine warme Woge, und fühlte
mich bei ihnen wohl und geborgen.
Mir wurden nun Seelen
gezeigt, die durch vollkommenen Liebesentzug zu Amokläufern, Kriminellen,
Schwerverbrechern, blutrünstigen Diktatoren geworden waren. Ich erschrak
zutiefst, als ich diese "versteinerten" Seelen anschaute. Dass allein
ein Gedanke des Misstrauens, der Verachtung, des Hasses, der Verurteilung, der
Diskriminierung, der Verspottung oder des eigenen Hochmutes solches in einem
anderen bewirken kann, ließ mich erschreckt erkennen, wie viel wir an solchen
Liebesdefiziten täglich beitragen, ohne dass es uns bewusst wird.
Es scheint wesentlich
wichtiger zu sein "vorzudenken" als nachzudenken, damit man solche
Fehler nicht mehr begeht. Mir fiel dazu ein, dass das, was wir säen, auch
ernten und ich wurde mir bewusst, wie viel wir zur Lieblosigkeit aus
Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit beitragen.
Dann liefen plötzlich
Bilder aus meinem Leben vor mir ab. Bilder des Versagens in Situationen, die in
die Vergessenheit abgeglitten schienen, nun aber plötzlich wieder da waren. Es
waren aber auch Bilder, in denen ich Gottes Liebe und das Getragensein durch
bestimmte Lebenssituationen erkennen durfte, was mich tief berührte. Nur schwer
konnte ich mich von diesen Bildern losreißen.
So machte ich mich
weiter auf den Weg durch dieses Tal, das langsam anstieg. Jetzt wurde es etwas
farbiger durch Pflanzenwuchs und der Himmel, so man ihn als einen solchen
bezeichnen kann, wurde weniger von schweren Regenwolken überzogen. Es hellte
sich merklich auf.
Weit vor mir sah ich
immer noch die Gruppe von Wesenheiten in Begleitung dieser lichten Gestalt durch
das Tal bergan schweben. Sie gaben mir durch Handzeichen zu verstehen, dass ich
ihnen folgen solle. Die Gesänge, die von ihnen ausgingen, waren ein Labsal für
die Seele und erinnerten an Engelchöre oder an das, was ich an beseligenden
Tonschwingungen im ersten Sterbeerlebnis erfahren durfte. Sie lösten in mir
sehr angenehme Gefühle aus. Aber ich vermochte noch nicht zu folgen.
Plötzlich stand ich vor
mir selbst. Ja, da saß ich und schaute mich an und konnte damit im Augenblick
wenig anfangen und begreifen, was es damit auf sich habe. Es war der Teil von
mir, von dem ich mich trennen wollte. In dem sich meine
"vermeintlichen" Sünden und negativen Eigenschaften befanden, von
denen ich mich lossagen wollte. Ich erschrak zutiefst. Einige Wesenheiten
versammelten sich um mein "doppeltes Ich1. Ich wurde Stimmen und
unausgesprochene Gedanken gewahr, die auf mich einredeten.
Ich bin eins mit allem.
Man kann sich nicht teilen, nicht etwas von sich ablehnen. Man muss sich zu
allem bekennen, sonst ist es Hochmut und Überheblichkeit. Man muss als ein
ganzes ICH in die geistige Welt eingehen. Wir sollen uns annehmen, uns lieben
wie wir sind, eine angeblich "helle" Seite würde durch dieses
Vorgehen zur dunklen Seite werden. Ich darf nicht in mir selbst etwas töten
wollen, nur weil es mich stört. Gott kann nur einen ganzen, nicht aber einem
halben Menschen vergeben. Mir selbst soll ich aber auch vergeben und ich mich so
annehmen, wie ich bin. Dazu drängten mich die um mich versammelten Wesenheiten.
So zwang man mich, mich mit mir selbst zu versöhnen. Unter Tränen nahm ich
meine andere Seite in die Arme und bat um Vergebung und spürte, wie ich heiler
und vollständiger wurde. Noch empfand ich den anderen Teil als kalt und gefühllos.
Aber ich hätte nicht sagen können, welche dieser Seiten es so fühlte. Das
Ganze ging sehr zögernd und unter gewaltigen Gefühlsaufwallungen vonstatten.
Es leuchtete mir aber ein, dass man als ein vollständiges Wesen seinem Herrn
gegenübertreten müsse, denn nur durch seine Gnade und Barmherzigkeit wird man
von dem frei, wovon man sich am liebsten selbst "erlöst" hätte.
Danach wurde es mir sehr
leicht. Ich suchte nun den Anschluss an die vor mir herziehende Gruppe und
folgte ihr. Eine tiefe Dankbarkeit erfüllte mich. Das Gefühl einer unendlichen
Freiheit schien mir Flügel wachsen zu lassen, obwohl ich bei dem Aufstieg immer
noch die Füße benutzen musste, und ich die anderen schweben sah. Ich erlebte
nun zum zweiten mal in diesem Dasein das Gefühl der absoluten Glückseligkeit.
Innere Regungen trieben mir erneut die Tränen in die Augen. (Auch während ich
diesen Text zusammenstelle, kann ich mich dieser Rührung nicht entziehen.)
So zog diese kleine
Schar bergwärts bis zu einem Sattel, von dem aus man einen Blick in ein
liebliches Tal hatte. Grüne Wiesen voller duftender und farbenprächtiger
Blumen, wieder in Farbtönen, wie es sie in der körperlichen Welt nicht gibt.
Fröhliche Wesen, die sich der einzelnen Ankommenden annahmen, Wasser anboten,
einen Korb mit Kirschen oder solch ähnlichen Früchten reichten, ein Flötenspieler,
der am Wegrand saß und lachte, weil er mich in meinen zwei Hälften erkennen
konnte und es sehr lustig fand. Ich lachte mit.
Dann rasteten einige von
ihnen, und ich setzte mich dazu. Ich bemerkte eine Müdigkeit, obwohl es Tag zu
sein schien. Zumindest war es hell. Ein blendfreies, starkes Licht aus einer
nicht zu identifizierenden Quelle umfing uns alle. Es war anders als
Sonnenlicht. Auch hier war alles schattenlos.
Müde von all dem
Geschauten beteiligte ich mich nicht mehr an den Gesprächen der mich umgebenden
Geistwesen, die mich nun auch in Ruhe ließen. Ich gab mich ganz dem Geschauten
und Gefühlten hin, bis mich eine Stimme ermahnte, schnellstens zurückzukehren.
Schweren Herzens machte
ich mich auf den Weg. Wieder musste ich durch das Tal der Tränen, aber es
schienen sich nun andere Wesenheiten dort aufzuhalten. Ich eilte dem großen Tor
zu und stand kurz darauf vor dem Haus, aus dem ich fortgegangen war. Ich schaute
auf meinen Körper, der mir fremd und unpersönlich erschien und vernahm den Ruf
der mich umgebenden Ärzte: "Frau G., so atmen Sie doch, atmen Sie !"
Ich spürte, wie etwas Schweres meinen Brustkorb presste. Es war ein starker
Drang zu atmen in mir, obwohl ich weder wollte noch konnte. Irgend etwas steckte
in der Luftröhre. Ich versuchte durch Handzeichen verständlich zu machen, dass
man mir den Schlauch entfernen solle. Aber sie verstanden mich nicht und sagten
nur: "Was meint sie damit?" Ich hörte, wie sie sich darüber
unterhielten, dass ich sie sehr beschimpft hätte. Meine Enttäuschung, wieder
DA zu sein, war maßlos. Wie fängt man es an, wieder dort hinzugehen, wo man
gerade erst hergekommen ist? Ich konnte das alles nicht recht begreifen und
wollte die Erlebnisse auch erst einmal in mir selbst verarbeiten.
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Anfang zurück)
Dieses Erlebnis sollte
noch ein langes "Nachspiel" haben und war mit der Rückkehr in dieses
Leben noch nicht abgeschlossen
Am fünften Tag nach der
Operation wurde ich wegen Platzmangels aus dem Krankenhaus entlassen. Auf den
Entlassungspapieren war zu lesen: "Herzstillstand, Atemstillstand,
Patientin wurde nach der Operation reanimiert". Vier Tage später brach ich
daheim zusammen; ein Ausfall der Gehirnfunktionen infolge Sauerstoffmangels.
Mein ganzer Schädel war völlig gefühllos, innen wie außen. Nichts
funktionierte mehr. Ich wusste nicht, wie ich eine Hose anziehen konnte oder wie
man eine Telefonnummer wählt. Alles was ich anfasste fiel zu Boden. Ich
vermochte nicht sechs und acht zusammenzuzählen und konnte auch den
Taschenrechner nicht bedienen. Zum Glück kümmerten sich meine Kinder um mich
und brachten mich auf meinen Wunsch hin nach München in das Krankenhaus für
Naturheilweisen. Dort brachte ich einen Monat zu.
Langsam begriff Ich,
dass mir das Leben noch einmal geschenkt worden war. Aber ich merkte auch, dass
ich mit diesem Leben nichts anzufangen wusste. In meiner Verzweiflung rief ich
zu unserem Himmlischen Vater und sagte Ihm: "Du hast mir dieses Leben noch
einmal geschenkt. Aber ich kann damit nichts anfangen. Ich bin jetzt zu dem Kind
in seiner ganzen Hilflosigkeit geworden, von dem in der Bibel steht, dass wir
nur so das Himmelreich erlangen werden. So bitte ich Dich, wenn Dir mein Leben
etwas bedeutet und Du damit etwas anzufangen weißt, so möchte ich es Dir jetzt
geben - ganz!" Ich erschrak darüber, was ich eben gedacht, gesagt und
getan hatte, weil ich die Folgen nicht zu überblicken vermochte.
Da geschah folgendes:
Ich war plötzlich wie aus Glas. Ich konnte durch mich hindurchschauen. Ich sah
mich mit den Augen Gottes und erkannte eine tiefe Demut in mir. Es war nicht das
geringste in mir, wohinter ich mich vor dem Vater hätte verstecken können.
Keine Taten, kein Verdienst, nichts als eine nackte Seele. Mir fiel ein, dass
ich seit Jahren mit den Worten des Heiligen Bruders Klaus von der Flue täglich
betete:
Mein Herr und mein Gott,
nimm alles von mir, was mich hindert zu Dir.
Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir, was mich fördert zu Dir.
Mein Herr und mein Gott,
nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen Dir.
Genau das war
eingetreten. Nun wichen auch meine anfänglichen Ängste und mir wurde bewusst,
dass meine Hingabe an Gott das war, weswegen ich zuvor das Sterbeerlebnis
gebraucht habe, den Totalausfall des Gehirns und all das, was mich mein Leben
jetzt in die Hände des Vaters legen ließ. Eine wundersame Fügung nach der
anderen reihte sich auf und gab mir Hilfe. Ich hatte das einzige freie Bett in
dem Krankenhaus bekommen; sonst muss man wochenlang auf eine Aufnahme warten.
Die Schwester, die die Bettenverteilung machte, gehört einem Gebetskreis an,
der bei Freunden in Harlaching stattfindet und von denen ich viele kenne. Von
dort aus wurde mir viel Hilfe zuteil. Sie besuchten mich und versorgten mich mit
Büchern und Kassetten.
Da durch den
Gehirnausfall auch das Schlafzentrum betroffen war, konnte ich vom vierten bis
ungefähr siebenundzwanzigsten Dezember keinen Augenblick schlafen.
Schlaftabletten wollte ich nicht einnehmen. So hatte ich praktisch
vierundzwanzig Stunden am Tag Zeit im Gebet zu sein. Es ereigneten sich von
Stund an viele mystische Erlebnisse, jedes mal im Anschluss an ein Gebet. So
erlebte ich mein Sterbeerlebnis immer wieder und wieder: ich befand mich im Tal
der Tränen, begegnete erneut Wesenheiten, die ich vorher nicht wahrgenommen
hatte, führte Gespräche mit ihnen, erlebte die beseligenden und die
schmerzvollen Gefühle bei den Leidensgeschichten der Anwesenden, erfuhr
Belehrungen. Man zeigte mir die Seelen von bekannten Persönlichkeiten, die ohne
einen Funken Liebe waren und die aus diesem Liebesmangel heraus Scheußlichkeiten
begingen. Namen nöchte ich hier nicht nennen. Ich erkannte, wie sehr wir darin
mit verstrickt waren und es immer wieder sind und erfuhr Belehrungen, wie man
sein Leben ändern kann und welche Aufgaben nun mir zuteil werden. Hatte ich dem
Vater mein Leben gegeben, so wollte ich auch jetzt gehorsam sein, weil ich die
Belehrungen als die Gesetzmäßigkeiten erkannte, wie sie uns die Bibel lehrt.
Es waren aber nicht nur
die meist in der Nacht erfolgten Bilder und Belehrungen, die über lange Zeit
abliefen. Ich sah auch plötzlich den Menschen so in ihr Innerstes, wie es mir
ergangen war, als ich dem Vater mein Leben anbot. Glasklar lagen da für mich
sichtbar Verhaltensfehler, Probleme, die zur Krankheit geführt hatten und
weswegen diese Menschen jetzt Patienten im gleichen Krankenhaus waren. Anfangs
erschrak ich darüber. Aber mit der Häufigkeit dieser Erlebnisse und der
Wahrheit dessen, was ich zu erblicken vermochte, konnte ich auch dieses Geschenk
annehmen. Nur wird man darüber sehr viel schweigsamer, weil man Dinge
wahrnimmt, die man nicht aussprechen möchte. Je länger ich in der Klinik war
und je mehr sich mein Gesundheitszustand besserte, desto weniger Erlebnisse aus
einer anderen Daseinsebene fielen in mich ein. Einen wichtigen Satz bekam ich
gesagt, der für mich noch immer seine Gültigkeit hat: "Es ist nicht
wichtig gesund zu sein, sondern heil !" Ich spürte, wie meinem , Herzen
Augen und Ohren wuchsen, weil das Gehirn noch seine Ausfälle hatte.
Ich lernte, mit dem Herzen zu schauen und konnte deswegen Dinge
wahrnehmen, die mir zuvor nicht möglich gewesen waren. Mir fiel dazu auch der
Satz ein: " Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, dann wird euch alles
andere hinzugegeben werden."
So lebe ich nun mit den
"Nachfolgen" der letzten Reanimation, mit dem dritten Leben, mit
seinen neuen Aufgaben, seinem Reichtum, den immer wiederkehrenden mystischen
"Einbrüchen", die Schmerz und Seligkeit in der Seele verursachen,
aber auch eine tiefe Dankbarkeit auslösen und mir heute die Aufgabe zuteil
werden lassen, die ich auf Grund
dieser - ich möchte sagen "Einweihung" erfüllen soll und erfüllen
kann.
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Seinen Tod zu überleben,
das heißt, erfolgreich reanimiert zu werden, ist schon keine Alltäglichkeit.
Noch seltener ist es, wenn eine solche Situation im Leben eines Menschen mehr
als einmal eintritt. Wenn es sich zu bestimmten Lebensphasen ereignet - hier
also bei gleicher Person - so zeigen diese Erlebnisse auch völlig andere Qualitäten,
die sich den Erfahrungen, dem Reifegrad und den gegebenen Umständen anzupassen
scheinen. Dass diese außerkörperlichen Erfahrungen von jedem Menschen dennoch
anders empfunden und erlebt werden, ist wohl verständlich und besagt nur, dass
wir alle Persönlichkeiten sind und uns damit auch unserer Einmaligkeit bewusst
werden.
Es gibt auch Erfahrungen
in dieser veränderten Lebenssituation, die eine Allgemeingültigkeit haben für
die, die schon einen Sterbevorgang erleben durften. Eines steht wohl für alle
Reanimierten fest, dass man nach diesem Ereignis nicht mehr der Gleiche ist.
Denken, Fühlen und Handeln und die Ansichten haben sich geändert. Man ist
gewandelt, gereift, vielleicht könnte man es auch mit dem Wort
"erleuchtet" ausdrücken.
Wer einmal diese andere
Seite des Lebens bewusst erlebt hat, kann nicht mehr in alten Denkschemen
verharren. Alles hat sich geweitet. Vielleicht kann man es mit einer Neugeburt
ausdrücken. Man ist ein Phönix, der sich im Feuer "verjüngt" hat,
als christliches Sinnbild der Unsterblichkeit. Nun glaubt man nicht mehr an die
Unsterblichkeit, jetzt weiß man es, wie immer auch von anderer Seite dazu
gestanden wird.
Gemeinsam mit anderen
Reanimierten ist der Umstand, dass man erst einmal eine geraume Zeit braucht, um
die Erlebnisse in sich selbst zu ordnen und begreifen zu können. Man spricht
ungern darüber, weiß man doch, dass es von anderen Personen nicht
nachempfunden werden kann. Es ist eine gewisse Scheu vorhanden, weil unsere
Sprache, unsere Begriffe nicht ausreichen, um es verständlich ausdrücken zu können.
Gemeinsam sind
auch die
Licht-, Farb-
und Klangerlebnisse, wie auch
in manchen Fällen eine Rückschau auf das bisherige Leben. Wenn man zu
Lebzeiten vielleicht noch einen Zweifel an dem Vorhandensein Gottes hatte, so
wird in diesem Falle jeder Zweifel behoben. Denn es sind Gotteserfahrungen, die
man macht, ohne ihn als Person erlebt zu haben.
Eine Besonderheit dieser
tiefgreifenden Eindrücke ist, dass sie sich nicht, wie jedes sonstige Ereignis
im Gehirn speichern lassen, also nicht ins Gedächtnis gelangen und damit der
Vergessenheit anheim fallen können. Diese Geschehnisse sind in die Seele
eingezeichnet und zwar so stark, dass sie allzeit wieder und neu erlebt werden können,
in der gleichen Klarheit, mit denselben tiefgreifenden Gefühlen der Rührung,
der Freude, der Demut, der Dankbarkeit und einer unbegreiflichen Glückseligkeit,
wie man sie nie zuvor erlebt hat. Je länger der zeitliche Abstand zu diesen
Seelenerlebnissen zurückliegt, desto intensiver wird das Nacherleben. So
mancher Frage wird erst im nachhinein eine eindeutige Antwort zuteil, da im
Innern des Betreffenden weitere Reifezeiten erfolgen.
Mich erinnert dieses
Erleben an eine Bergkristallgruppe, die man in Riedenburg im Altmühltal
anschauen kann. Steht man vor dieser 7,8 Tonnen schweren, 3x2 Meter breiten und
1,80 Meter hohen größten Bergkristallgruppe der Welt, so ist man von Ihrer
Pracht, Schönheit, Größe und Ausstrahlung so fasziniert, dass man sie im
ganzen nicht mit seinen Sinnen erfassen kann. Werden aber bei unterschiedlicher
Anstrahlung auf die einzelnen herrlichen Steine nur Teile noch sichtbar,
erblickt man Schönheiten, die man im Anblick des Ganzen nicht wahrnehmen
konnte.
So ist es mit den
Erlebnissen in dieser anderen Dimension. Erst im Nachhinein werden einem Dinge
und Begebenheiten sichtbar, je größer der Abstand wird. Es treten dann Bilder
in das Licht, das man zum Erkennen braucht. Das ganze Sterbeerlebnis ist so
gewaltig, dass man es auf einmal nicht erfassen kann.
Dann gelangt man auch an
den Zeitpunkt, an dem man wagt, es anderen mitzuteilen. Die Furcht, dass Außenstehende
es als Spinnerei oder Verworrenheitszustände ansehen könnten, ist –
zumindest bei mir - dennoch groß.
Alle diese Seelenbilder
sind und bleiben eine ganz persönliche Erfahrung dessen, der sie gemacht hat
und die auch nur den eigentlichen Wert für diesen einen Menschen besitzen. Es
ist müßig darüber zu debattieren. Es kann angenommen und geglaubt, aber auch
ebenso gut abgelehnt werden. Das richtet sich mit Sicherheit nach dem
entsprechenden Reifegrad des Menschen, dem man es mitteilt.
Wenn man sagt, dass in
der Stunde des Todes niemand lügen kann, so ist das ein wahres Wort. Man wird
auch - vielleicht das erste Mal in seinem Leben - sich selbst gegenüber ehrlich
und aufrichtig sein, wo man sich bisher etwas vorzumachen versuchte. Der Wechsel
der Daseinsebene wird von tiefer Demut begleitet. So jedenfalls konnte ich es
erleben.
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Zu den Erlebnissen sind
sowohl bei mir, als auch durch andere Fragen aufgetreten, die ich hier
beantworten möchte:
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1.)Warum
unterscheiden sich Sterbeerlebnisse vom Inhalt her?
Antwort:
Wie ich zu Anfang sagte, sind die Menschen unterschiedlich vom Alter, Reife und
Entwicklung. Bei allen Sterbeerlebnissen sind gemeinsam die Lichterfahrung, die
Vielfalt der Farben, die Töne oder musikalischen Erlebnisse, das Gefühl der Glückseligkeit
und des "Nicht-mehr-zurück-wollens". Die sonstigen Umgebungen, in die
man sich plötzlich hineinversetzt fühlt, sind so unterschiedlich, wie die
Landschaften auf unserem Planeten, wie auch die Schicksale der Heimgegangenen
genau so vielfältig sind wie die der Eingekörperten.
2.) Warum waren keine Angehörigen da, die mich in
die andere Welt abholten oder die ich schauen durfte?
Antwort: Ich bin der
Meinung, dass ein endgültiger Sterbevorgang aus der geistigen Welt nicht
beabsichtigt und die Reanimation schon mit "eingeplant" war. Siehe das
Gebet von Bruder Klaus. Wären Angehörige für mich sichtbar gewesen, so hätten
mich möglicherweise die Belehrungen weit weniger interessiert. Dann hätte ich
auch gewusst, dass ich nun endgültig in dieser anderen Daseinsebene
"Einzug" gehalten hätte. Man fühlt solches auch im Voraus, auch vor
einer Operation. Ich war eingebettet in eigene und viele Freundesgebete und
konnte mich ohne Furcht in die Operation begeben. Es waren Lernprozesse, die ich
sowohl vor der Reanimation erleben durfte, als auch noch lange danach. Hätten
mich heimgegangene Angehörige in dieser Weise belehren können? Ich bezweifle
es. Ich wurde genau dort hingeführt, wo ich in dieser Zeit
"Anschauungsunterricht" nehmen sollte.
Zum Abschluss möchte
ich mich bei all denen bedanken, die mir geholfen haben, dass diese Schrift
entstehen konnte und weitergegeben werden kann. Es hat viel Mut und Eigenüberwindung
gekostet, denn es ist sehr schwer, über derartige Erleben zu reden oder gar zu
schreiben.
Ich hoffe sehr, dass es
manch einem Leser Mut macht, zu seinen Lebzeiten auf dieser Erde an sich selbst
zu arbeiten. Das wertvollste Arbeitsbuch hierzu ist die Bibel mit ihren
Wahrheiten und Gesetzmäßigkeiten.
Betet ohne
Unterlass
Dorit Gisbert
1923-2011