Gott,
den wir unseren Vater nennen, ist der Ursprung aller Dinge (princ.
I,1,6). Aus ihm ist alles geworden. Er ist ganz
Geist, aber als solcher gleichwohl Person; er hat eine Gestalt. Gott ist das einzige seit
Urewigkeit bestehende Wesen, ungeschaffen. Unser Zeitbegriff ist auf ihn nicht
anwendbar. Gott ist nur für einen reinen Geist erkennbar und kann nur von einem
solchen geschaut werden (Cels. VI 17;
Cels VI 69).
Origenes führt dazu aus: »Wenn wir uns nämlich überhaupt eine
Vorstellung und einen Begriff von Gott machen können, so müssen wir notwendig annehmen,
dass Gott in vielerlei Hinsicht weit erhabener ist als unsere Vorstellung. Es ist
[vergleichsweise] so, wie wenn wir mit einem Menschen zu tun hätten, der kaum einen
Lichtfunken oder das Licht der kleinsten Laterne anzuschauen vermag, und ihn, der mit der
geringen Scharfe seiner Augen nicht mehr Licht fassen kann, als wir sagten, über die
Helligkeit und den Glanz der Sonne belehren wollten. Müssten wir ihm nicht sagen: Der
Glanz der Sonne ist unsäglich und unermesslich größer und erhabener als das Licht, das
du siehst? So steht es auch mit unserer Vernunft, wenn sie in den Kerker von Fleisch und
Blut eingeschlossen und entsprechend ihrer Teilhabe an diesem Stoff stumpf und träge
geworden ist: Sie mag zwar im Vergleich zur übrigen fleischlich-körperlichen Natur bei
weitem den Vorrang verdienen; wenn sie aber zum Geistigen emporstrebt und es zu schauen
trachtet, dann hat sie kaum die Kraft eines Funkens oder einer Laterne. Was ist aber unter
allen geistigen das heißt nicht
fleischlich-körperlichen Dingen so erhaben
über alles, so unsagbar und unermesslich überragend wie Gott? Seine Natur zu schauen,
reicht die Schärfe einer menschlichen Vernunft nicht aus, mag sie auch noch so rein und
klar sein.« (princ.
I,1,5.)
Um diesen Sachverhalt noch deutlicher und anschaulicher vor Augen zu
führen, fügt Origenes hinzu: »Unsere Augen können zunächst die Natur des Lichtes
selbst das heißt die
Substanz der Sonne nicht
anschauen; wir können aber ihren Glanz oder die Strahlen betrachten, die etwa durch
Fenster oder irgendwelche kleinen Lichtöffnungen einfallen, und daraus schließen, wie
groß die glühende Masse sei, der das körperliche Licht entströmt. So sind auch die
Werke der göttlichen Vorsehung und der kunstvolle Bau dieses Alls gleichsam Strahlen von
Gottes Natur im Vergleich zu seiner Substanz und Natur selbst. Unsere Vernunft
kennt also, da sie Gott nicht an sich, so wie er wirklich ist, betrachten kann, aus
der Pracht seiner Werke und der Schönheit seiner Geschöpfe den Vater des Alls.« (princ.
I,1,6.)
Gottes Wissen und Macht unterliegen aus Gottes Wesenheit heraus
gewissen Einschränkungen. Aus folgenden vier Gründen ist nach Origenes die Macht Gottes
eingeschränkt, und man dürfe nicht unter dem Vorwand frommer Scheu ihr diese
Einschränkungen nehmen (princ. II 9,1):
Erstens ist sie begrenzt durch das Wesen Gottes: Gott kann nur,
was er will. Zweitens durch die Logik: Die Macht Gottes kann keine Dinge
hervorbringen, die in sich widersprüchlich sind. Mit anderen Worten:
Gott vermag nichts gegen seine Natur Gerichtetes zu bewirken. Alle
Wunder sind im höheren Sinne natürlich, weil sie nach göttlichen Gesetzmäßigkeiten
ablaufen. Drittens ist Gottes Macht begrenzt durch die Unmöglichkeit, Unbegrenztes
umfassen und lenken zu können (princ. II 9,1). Hieraus folgt, dass alles Geschaffene
seinem Umfang
nach begrenzt sein muss. Viertens wird Gottes Macht dadurch begrenzt,
dass es unmöglich ist, einen Zweck rein und ohne störende Einflüsse zu verwirklichen.
Dementsprechend hat nach Origenes auch Gottes Wissen eine gewisse
Schranke. Sie folgt insbesondere aus der Freiheit der Geister, die Gott ihnen verliehen
hat. Wohl besitzt Gott die Fähigkeit des Vorherwissens; aber er weiß die
Handlungen seiner Geschöpfe vorher, weil sie geschehen sie geschehen nicht, weil er sie
weiß.
In Gott sind Güte und Gerechtigkeit nicht zwei im Gegensatz zueinander
stehende Eigenschaften, die in ihm nebeneinander bestehen könnten oder müssten;
vielmehr sind sie ihm als Tugenden identisch:
Gott lohnt in Gerechtigkeit und straft in Güte. Erginge es allen Wesen
gut, gleich wie sie sich verhalten, wäre dies ihnen gegenüber keine Güte; Güte ist
vielmehr, wenn Gott straft, um zu bessern, abzuschrecken und vorzubeugen. In Gott sind
weder Leidenschaften, Zorn und dergleichen, auch keine Vielheit von Tugenden, sondern als
der Vollkommene ist Gott ganz Güte.
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