Durch das Mailänder Edikt (313) hatte
Konstantin der Große (306337) das Christentum den heidnischen Kulten
gleichgestellt. Damit begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Christentums. Im
Laufe der Zeit erhielt die Kirche immer mehr Privilegien und Rechte. Zwar blieben die
heidnischen Kulte wenn auch von staatlicher Seite immer mehr zurückgedrängt
noch immer bestehen; aber allmählich übernahm die Kirche die Rolle der früheren
Staatsreligion. Der Kaiser betraute Christen mit einflussreichen Ämtern im Staat.
Konstantin hatte erkannt, dass die Kirche zum stützenden und einigenden Faktor in seinem
Reiche werden konnte. Kirche und Reich waren fortan eng miteinander verbunden, beide waren
voneinander abhängig. Für die Kirche bedeutete dies jedoch, dass sie in Glaubensfragen
von der weltlichen Macht beeinflusst wurde.
Obwohl sich Konstantin erst auf dem
Sterbebett taufen ließ, ernannte er sich selbst zu dem von Gott bestellten "Bischof der
äußeren Angelegenheiten" und hielt sich für ermächtigt, über Glaubensfragen zu
entscheiden und in kirchliche Belange einzugreifen. Damit begründete er den
"Cäsaropapismus", der in den folgenden Jahrhunderten im griechischen Orient
noch krassere Formen annehmen sollte.
Hatte es in den ersten drei Jahrhunderten
schon verschiedene Glaubensstreitigkeiten gegeben, so begann hierfür seit der Zeit
Konstantins (also seit der Bindung der Kirche an das Imperium) ein neuer Abschnitt:
Uneinigkeit innerhalb der Kirche hatte nun politisches Gewicht bekommen, denn sie
gefährdete die Einheit des Reiches. Daher wurden fortan Glaubenskämpfe oftmals von der
Staatsgewalt nach deren Gutdünken geregelt.
Die Fragen, die innerhalb der Kirche bisher
aufgetreten waren, zielten nun auf den Kernpunkt des Glaubens auf Gott hin.
Das brachte eine Verschärfung der Auseinandersetzungen; und eine Beilegung war sowohl
für die Kirche als auch für den Staat von größter Bedeutung. Konstantin führte daher
die ökumenischen Synoden (oder ökumenischen Konzilien) ein. Diese galten gleichzeitig
auch als Reichssynoden; sie sollten strittige Glaubenspunkte allgemein verbindlich
klären und gerade deshalb wurden sie auch im Interesse des Reiches abgehalten.
Die Bezeichnung ökumenische
Konzilien" bedeutet nicht, dass die Bischöfe der gesamten christlichen Welt
zusammengekommen wären nicht einmal jede Kirchenprovinz war vertreten. Als
Kriterien für ein "ökumenisches Konzil" galten:
a) ein wesentlicher Teil der Bischöfe
sollte anwesend sein (bei den ersten fünf ökumenischen Konzilien waren die
morgenländischen Bischöfe in der Überzahl; die Abendländer waren stets in der
Minderheit, bzw. auch gar nicht vertreten; dies hatte aber keinen Einfluss auf die
Gültigkeit der Entscheidungen);
b) die Gesamtkirche musste die Beschlüsse
anerkennen;
c) die päpstliche Zustimmung zu den
Beschlüssen war unbedingt erforderlich.
Der letztgenannte Punkt erwies sich als
besonders wichtig:
"Ohne den römischen Stuhl Petri hatte
keine Glaubensentscheidung eines Konzils definitive Gültigkeit, und seine Entscheidung
ward in der Art als unantastbar und endgültig betrachtet, dass, wer sich dagegen
auflehnte, sich selbst von der Kirche ausschloss." Dies gilt auch unverändert nach
dem heutigen Stand der Theologie und des Kirchenrechts.
Außer den ökumenischen oder allgemeinen
Synoden gab es noch andere Bischofsversammlungen, die jeweils für einen Teilbereich von
Bedeutung waren: die Generalsynoden, zu denen nur die Bischöfe des Ostens oder des
Westens einberufen wurden; ferner die Patriarchal-, National-, Provinzial- und
Diözesansynoden.
2.1
Zur Verfassung der
Ökumenischen Synoden
Wie sehr die ökumenischen Synoden auch
eine Angelegenheit des Staates waren, äußerte sich darin, dass das Berufungsrecht beim
Kaiser lag. Er konnte Ort und Zeitpunkt für eine ökumenische Synode bestimmen; er konnte
sie auch an einen anderen Ort verlegen oder sie vertagen. Sowohl der Papst als auch die
Synode selbst erkannten dieses Recht ausdrücklich an.
Der Kaiser garantierte die äußere
Sicherheit und Ordnung, was in den damaligen Zeiten auch nötig war.
Die Beratung und Entscheidung über
Glaubensfragen und kirchliche Belange sollte zwar allein den Bischöfen überlassen
bleiben; jedoch zeigt die Geschichte, in welchem Maße dabei die Interessen der
Staatsgewalt durchgesetzt wurden. Rechtskraft erhielten die Konzilsbeschlüsse erst nach
der Bestätigung durch den Kaiser, der dann auch für die Durchführung im Reich sorgte.
Eingeladen wurden zu den ökumenischen
Konzilien die Patriarchen; außerdem die Metropoliten mit einem Teil ihrer Bischöfe. Die
Päpste waren bei den ersten vier ökumenischen Konzilien nicht selbst anwesend, sondern
durch ihre Legaten vertreten. Das 5. ökumenische Konzil stellt einen Sonderfall dar, der
später noch ausführlicher behandelt wird.
Auf die Bedeutung der päpstlichen
Zustimmung wurde bereits hingewiesen. Die Legaten, die im Auftrage des Papstes handelten,
genossen daher eine Vorrangstellung innerhalb der Synode, die sowohl in der Sitzordnung
als auch bei der Unterzeichnung der Beschlüsse zum Ausdruck kam. Es bedurfte keiner
zusätzlichen Anerkennung durch den Papst, um den Entscheidungen Gültigkeit zu verleihen;
die Unterschrift des Legaten galt als päpstliche Approbation. Das 5. ökumenische Konzil
nahm allerdings auch in diesem Punkt einen anderen Verlauf.
Welche Bedeutung den ökumenischen
Konzilien zukam, sollen zwei Stimmen aus dem 6. Jahrhundert zum Ausdruck bringen:
Ferrandus, Diakon von Karthago, äußert:
"Was einmal im Konzil verfügt ist, muss ewige Geltung behalten.. . . Die allgemeinen
Synoden, vollends wenn sie die Zustimmung der römischen Kirche gefunden haben, stehen an
Ansehen nur den kanonischen Büchern nach."
Ein anderer afrikanischer Kleriker,
Zeitgenosse des Ferrandus, fragt: ,,. . . Was bleibt noch unangetastet, was
unerschüttert, wenn der Spruch einer so großen Synode (wie Chalcedon), sei es als
unvollkommen ergänzt, sei es als anfechtbar erörtert werden dürfte?... Ist doch der
einzige Zweck der Konzilien, dass wir auf ihre Autorität hin glauben, was wir mit dem
Verstande nicht fassen."
2.2
Überblick über die
ersten fünf ökumenischen Konzilien
Es wurden zwei Hauptfragen des christlichen
Glaubens angeschnitten:
a) Die trinitarische Frage, die bereits im
2. und 3.Jahrhundert Anlass zu Auseinandersetzungen lieferte, gewann erneut an Bedeutung.
Der Arianismus und damit verwandte Lehren forderten von der Kirche eine klare Aussage
über das Verhältnis des Vaters zum Sohne. Später trat die Frage auf, welche
Stellung der Heilige Geist innerhalb der Trinität einnehme.
Die Entscheidungen wurden auf der 1.
ökumenischen Synode zu Nicäa im Jahre 325 und auf der 2. ökumenischen Synode zu
Konstantinopel im Jahre 381 gefällt.
b) Der trinitarische Streit zog den
christologischen Streit nach sich. Die Arianer und Apollinaris vertraten die Ansicht,
Christus habe nicht die volle Menschennatur angenommen, was die Kirche als Irrlehre
bezeichnete. Später ging es um die Frage, in welchem Verhältnis göttliche und
menschliche Natur in Christus zueinander stünden. Auf der 3. ökumenischen Synode zu
Ephesus im Jahre 431 wurde der Nestorianismus verurteilt, der eine extreme Trennung der
beiden Naturen in Christus lehrte. Auf der 4. ökumenischen Synode zu Chalcedon im Jahre
451 wurde die Lehre der Monophysiten verworfen, die eine Vermischung von göttlicher und
menschlicher Natur in Christus beinhaltete.
Die großen Kämpfe hatten zahlreiche
kleinere Streitigkeiten zur Folge. Ein Beispiel dafür ist der
"Drei-Kapitel-Streit", der eine solche Bedeutung gewann, dass zu seiner
Beilegung die 5. ökumenische Synode zu Konstantinopel im Jahre 553 einberufen werden
musste.
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