(Ende 4. Jahrhundert- Anfang 5.
Jahrhundert)
Origenes aus Alexandria (185254),
war einer der einflussreichsten Theologen des frühen Christentums. Leben und Lehre des
Origenes haben wir in besonderen Büchern dargestellt. (Die Anhänger seiner Lehre wurden
Origenisten genannt.) Origenes unterscheidet klar die drei Personen Gottes; Sohn und
Heiliger Geist werden dem Vater untergeordnet. Aus diesem Grund bezeichnet man ihn oft als
geistigen Vater des Arianismus. Die Lehre des Origenes ist jedoch nicht mit dem Arianismus
gleichzusetzen. Das geht u. a. auch daraus hervor, dass beide sich befehdende Parteien auf
Ausführungen des Origenes Bezug nehmen. So benützt z. B. Didymus der Blinde aus
Alexandrien (gest. 398) die Lehre des Origenes, um die Richtigkeit der Beschlüsse von
Nicäa zu beweisen.
Im Weltbild des Origenes haben auch die
Präexistenz der Seelen und die Reinkarnation einen festen Platz; doch dieser Teil seiner
Lehre sollte erst später Bedeutung erlangen (s. Kapitel 12 und XIII).
Trotz mancher Anfeindungen stand die Lehre
des Origenes in den ersten Jahrhunderten in hohem Ansehen. ,,Bis zum Ende des 4.
Jahrhunderts äußerte sich die Mehrzahl der Stimmen in der Kirche für den
berühmten Alexandriner." Noch Papst Siricius (384399) hatte nichts gegen den
Origenismus einzuwenden, was ihm Vorwürfe aus den Reihen der Gegner des Origenes
einbrachte.
Dass am Ende des 4. Jahrhunderts
Streitigkeiten größeren Umfanges um den Origenismus ausbrachen, lässt sich in der
Hauptsache als Folgeerscheinung der vorausgegangenen trinitarinschen Kämpfe erklären.
Seinen Ausgangspunkt nahm der Streit in Ägypten. Neben Mönchen, die sich den Schriften
des Origenes widmeten, lebten in Ägypten auch Mönche, die wenig Bildung besaßen und
sich den christlichen Gott in menschlicher Gestalt und mit einem materiellen Körper
vorstellten: die Anthropomorphiten. Diese bekämpften die Lehre des Origenes, da sie ihrer
eigenen Ansicht völlig zuwiderlief. Mit ihnen befreundet wenn auch nicht mit ihnen
gleicher Meinung war Bischof Epiphanius aus Constantia (gest. 403), der bereits als
Urheber der Glaubensformel von Konstantinopel im Jahre 381 (s. Kapitel V) genannt wurde.
Soweit die Vorgeschichte.
Die eigentlichen großen Streitigkeiten
lassen sich in zwei Abschnitte einteilen:
a) Epiphanius von Salamis stellte von 374 bis 377 ein
Ketzerverzeichnis zusammen, das als sogenannter ,,Arzneikasten" (griech.:
"Panarion") bekannt wurde. Dort wurde auch Origenes als Ketzer aufgeführt.
Epiphanius geriet auf einer Reise durch
Palästina (um 390) in Streit mit Bischof Johannes von Jerusalem, einem begeisterten
Anhänger des Origenes. Johannes ging in seinen Predigten gegen die Anthropomorphiten vor,
Epiphanius gegen die Origenisten.
Als eifriger Verteidiger des Origenes trat
Rufinus aus Aquileja (gest. 410) auf, der einige seiner Werke ins Lateinische übersetzte
(s. Kapitel 12, 2).
Ein anderer Übersetzer des Origenes war
Hieronymus (gest. 420; Verfasser der lateinischen Bibelübersetzung, der Vulgata). Dieser
hatte zwar Origenes sehr geschätzt, war aber nun sehr darauf bedacht, nicht selbst in den
Ruf eines Ketzers zu kommen; deshalb ging er auf die Seite des Epiphanius über.
Bedeutende Argumente für die Lehre des Origenes lieferte Didymus der Blinde (310-395),
Theologe an der alexandrinischen Katechetenschule und Lehrer des Rufinus.
Der Streit nahm nun immer größere
Ausmaße an.
Papst Anastasius 1. (399401) verwarf
zwar im Gegensatz zu seinem Vorgänger ein Hauptwerk des Origenes ("De
principiis"), sprach aber dennoch kein Verdammungsurteil aus.
In dieser ersten Phase der Streitigkeiten
war es Bischof Theophilus aus Alexandrien (385412) teilweise gelungen, zu
vermitteln.
b) Als die Anthropomorphiten unter
Gewaltandrohung in Alexandrien einzogen, wechselte Theophilus die Partei. Um das Jahr 400
entschied er auf mehreren Synoden gegen die Origenisten und bedrohte sie mit dem Bann.
Die bekanntesten origenistischen Mönche
waren: Euagrius Pontikus und die vier "langen Brüder" Dioskurus, Ammonius,
Eusebius und Euthymius.
Das Verhalten des Theophilus löste in
Ägypten eine Verfolgungswelle aus. 300 origenistische Mönche flohen nach Palästina; 50
von ihnen zogen weiter nach Konstantinopel. Der dortige Bischof Johannes Chrysostomus (der
als bedeutendster Prediger der griechischen Kirche gilt) gewährte ihnen Asyl, was aber
Theophilus und Epiphanius zu erneutem Vorgehen gegen die Origenisten veranlasste. Sie
erhoben auch gegen Johannes Chrysostomus Anklage, da er ihrer synodalen Verurteilung des
Origenes nicht zustimmte. Es folgten langwierige Auseinandersetzungen. Papst Innozenz
I.
sicherte zwar Johannes Chrysostomus seine Unterstützung zu; aber die Gegenpartei war
mächtiger: Die endgültige Verurteilung des Johannes Chrysostomus durch Kaiser Arkadius
ist nicht zuletzt der Kaiserin Eudoxia zuzuschreiben, die sich von Johannes Chrysostomus
gekränkt fühlte. Dieser wurde in die Verbannung geschickt, wo er im Jahre 407 verstarb.
Diese Vorgänge hatten die allgemeinen Sympathien für den Origenismus noch verstärkt.
Auch Theophilus musste dem Rechnung tragen und duldete fortan die Origenisten.
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