Nestorius, wahrscheinlich persischer
Abstammung, stand in der Gunst des Kaisers Theodosius II. und war aufgrund dessen auf den
Bischofsstuhl von Konstantinopel gelangt. Dort vertrat er weiterhin die Thesen der
antiochenischen Schule. Die göttliche und die menschliche Natur Christi waren für ihn in
einer Person nicht zu vereinen; die Konsequenz war für ihn: Es gebe nicht einen Christus,
sondern einen natürlichen und einen aus Gnade angenommenen Sohn Gottes; die zwei Naturen
waren also für ihn gleichbedeutend mit zwei Personen.
Der eigentliche Streit brach aus, als
Nestorius der Mutter Jesu nicht mehr die bisherige Bezeichnung ,,Gottesgebärerin"
(Theotokos) zubilligte, sondern sie ,,Christusgebärerin" (Christotokos) nannte. Dies
verursachte nicht nur Aufregung unter den Theologen, sondern auch bei den Laien.
Als Cyrill davon hörte, griff er den
Nestorius heftig in einem Rundschreiben an, das er zu Ostern 429 an die ägyptischen
Mönche schickte. Kaiser Theodosius II. unterstützte anfangs den Nestorius. Papst
Cölestin 1. forderte Nestorius zum Widerruf auf. Nestorius beharrte auf seiner Meinung,
zumal er aus der antiochenischen Schule kräftige Unterstützung erhielt, so zum Beispiel
von Bischof Theodoret von Cyrus, der heftige Angriffe gegen Cyrill richtete. Um den Streit
zu beenden, berief Kaiser Theodosius II. schließlich ein ökumenisches Konzil für das
Jahr 431 nach Ephesus ein.
Bei diesem Konzil trat Cyrill als Vertreter
des Papstes auf. Er eröffnete das Konzil am 22.6.431 vor 198 Bischöfen, obwohl die
antiochenischen Bischöfe noch nicht in Ephesus angekommen waren und der Kaiser deshalb
Einspruch erheben ließ. Nestorius befand sich zwar in Ephesus, weigerte sich aber trotz
dreimaliger Vorladung, am Konzil teilzunehmen.
Die Synode verurteilte die Lehre des
Nestorius und setzte ihn selbst als Bischof ab.
Am 26. oder 27.6.431 trafen die 43
antiochenischen Bischöfe ein und hielten ein Gegenkonzil ab, um Cyrill aus der
Kirchengemeinschaft auszuschließen.
Der Kaiser billigte zuerst die Beschlüsse
beider Synoden, erklärte jedoch später alles für ungültig. Mit allen Mitteln
versuchten nun beide Parteien, den Kaiser, der in Konstantinopel geblieben war, für sich
zu gewinnen.
Cyrill war vorübergehend auf Befehl des
Kaisers gefangengenommen worden, fand jedoch in der Schwester des Kaisers, Pulcheria, eine
einflussreiche Fürsprecherin. Schließlich entschied der Kaiser zu Gunsten Cyrills und
der Alexandriner. Nestorius wurde, wie schon gesagt, abgesetzt und verbannt, das Lesen
seiner Schriften verboten.
Das Konzil hatte jedoch keinen Frieden
zwischen den beiden feindlichen Parteien gestiftet; die gegenseitigen Anfeindungen
dauerten an. Erst im Jahre 433 einigte man sich auf ein gemeinsames Glaubensbekenntnis,
das wahrscheinlich Theodoret von Cyrus (dem bereits oben genannten Antiochener)
zuzuschreiben ist:
"Wir bekennen.. unseren Herrn Jesus
Christus, den eingeborenen Sohn Gottes, als vollkommenen Gott und vollkommenen Menschen
aus Vernunftseele und Leib. Vor den Zeiten aus dem Vater der Gottheit nach geboren, ist
derselbe am Ende der Tage um unseret- und um unseres Heiles willen aus Maria, der
Jungfrau, der Menschheit nach (hervorgegangen), mit dem Vater wesenseins der Gottheit nach
und als derselbe mit uns wesens-eins der Menschheit nach. Denn es ist eine Einigung zweier
Naturen erfolgt, weshalb wir auch einen Christus, einen Sohn, einen Herrn, bekennen.
Diesem Begriff der unvermischten Einigung entsprechend bekennen wir die heilige Jungfrau
als Gottesmutter, weil der Lagos Fleisch und Mensch geworden ist und vom Augenblick der
Empfängnis an den aus ihr genommenen Tempel mit sich geeint hat. Wir wissen aber, daß
die Theologen die evangelischen und apostolischen Aussagen über den Herrn teils als auf
eine Person (griech.: Prosopon) gehend (auf beide Naturen) gemeinsam beziehen, teils als
auf zwei Naturen sich beziehend trennen. Dabei gelten ihrer Überlieferung zufolge die
gottgeziemenden Prädikate von der Gottheit Christi, die Niedrigkeitsaussagen hingegen von
seiner Menschheit."
Die Einigung hatte von beiden Parteien
Zugeständnisse gefordert:
Die Antiochener mussten die
Absetzung des Nestorius akzeptieren. Außerdem mussten sie mit der Bezeichnung
Gottesmutter, bzw. Gottesgebärerin einverstanden sein.
Cyrill musste hinnehmen, dass in dem
Glaubensbekenntnis von 433 die menschliche Natur Christi als
,,Tempel" des Logos bezeichnet wurde. Für die Alexandriner galt dies als ein
nestorianisierender Ausdruck, und sie machten Cyrill heftige Vorwürfe, dass er
eingewilligt habe.
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